KAREN LLORE EN UN BUS von Gabriel Rojas Vera
   und
KAZOKU X von Yoshida Koki

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Zwei Frauen erwachen

Eine kleine, simple Geschichte der kolumbianische Film KAREN CRIES ON THE BUS, die Geschehnisse darin alltäglich und auch so gespielt: ohne großes Psychologisieren oder wahnsinnig überraschende Wendungen. Eine Frau weint im Bus, hat ihren Mann verlassen und fängt hernach ganz von vorn an.
Sie wohnt in einer üblen Absteige, hat keine Arbeit, bettelt sich irgendwann Geld für‘s Essen zusammen. Und obwohl es leichter wäre, zu ihrem recht wohlhabenden Mann zurückzukehren, oder bei ihrer Mutter zu wohnen, zieht sie es allein durch. Und irgendwann trifft sie die richtigen Leute, einen anderen, scheinbar richtigen Mann, findet Arbeit und trifft dann eine Entscheidung, die beweist, dass sie etwas gelernt hat. Ende.
Eine Geschichte, die so jeden Tag vermutlich hundertfach passiert. Aber leider viel zu selten! Meist sind es die Frauen, die gehen. So auch in dem japanischen Film KAZOKU X (HOUSEHOLD X), dem zweiten Film über das Erwachen einer Frau.

In dem Film von Yoshida Koki sehen wir eine scheinbar intakte Familie: Man wohnt in einem Häuschen in der Vorstadt, Papa geht zur Arbeit ins Büro, der Sohn ist maulfaul, aber arbeitet auch irgendwas. Nur die Mutter hat offenbar einen manischen, geradezu monkhaften Putz- und Ordnungsfimmel entwickelt. Sie ist fast immer allein, kocht und putzt und wartet auf ihre Männer, die immer erst spät nachts kommen, auch weil sie es zu Haus nicht aushalten. Ein System der Kälte und Unfähigkeit und des Schweigens ist entstanden.

Dann geht etwas vor mit der Frau, mit der niemand spricht, von der man sich morgens nichtmal verabschiedet. Michiko (so heißt übrigens auch die japanische Kaiserin!) bekommt Fressflashs, sie vernachlässigt allmählich das Haus, was zunächst auch keiner bemerkt. Bis sie eines Tages richtig ausrastet und davon rennt. Da ist der Film schon fast rum. Dass die Drei wieder zueinander finden, erscheint unwahrscheinlich, auch wenn die letzten Bilder es zumindest möglich erscheinen lassen.

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In beiden Filmen Frauen, die nicht viel reden, die eine Ehe leben, die ihnen zugeordnete Rolle erfüllen, bis, ja, bis es ihnen irgendwann reicht. Das Paradoxe ist ja, dass auch die Männer meist nicht gerade glücklich scheinen, aber offenbar schon so weit weg von ihren Gefühlen leben, dass sie sich arrangieren können und vor allem die Bequemlichkeit einer Frau zu Haus schätzen.
Während Karen ganz am Anfang weint, übermannen die Gefühle Michiko am Ende des Films. Beides Mal bringen sie etwas ins Rollen, das endlich, endlich Veränderung verspricht. In dem einen Film erfahren wir, was nach dem Weinen passiert und im anderen, wie es so weit kommen konnte.

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Im Hintergrund beider Filme da herrschen die „Verhältnisse“: Es gibt eine Gesellschaft, die auf gespenstische Art mitbestimmt; in Form von Müttern, die ihre Töchter zur Rückkehr zum Mann bewegen wollen oder perfide Formen der sozialen Kontrolle durch Nachbarn oder die Furcht „aufzufallen“ und nicht mehr dazuzugehören. Und natürlich die Angst allein zu sein. Die Arbeit steht über allem und "etwas erreichen", die guten alten Mittelstandswerte eben. Im Grunde eine schöne Idee, wenn da nicht noch die Wünsche wären und die Gefühle und die Liebe oder das Verschwinden derselben.

Und in beiden Filmen mangelt es den Figuren auf tragische Weise an der Fähigkeit, die eigenen Wünsche und Gefühle überhaupt auszudrücken - und sei es nur durch eine Berührung. Doch es gibt Hoffnung, solang es Frauen gibt, die sich nicht zufrieden geben mit der Stille, der Gefühllosigkeit, der Sprachlosigkeit und den Umständen. Hoffnung gibt es darum auch für die Männer, die da natürlich nie zugeben würden.

Kommentare ( 1 )

Es sind wirklich fast immer Frauen die den Mut haben sich zu verändern,den Mut sich zu beweisen, dass sei es auch alleine schaffen, von den Männern nicht abhängig sind. Wenn die Frau noch arbeitet hat sie Glück und nimmt allen Mut zusammen und verlässt das dunkle Leben. Im Grunde auch die eigene Hoffnung " Mein Leben stimmt so wie es ist". Das die Mütter immer ein Gefühl vermitteln, die Frauen müssen durch halten und denk daran was die Gesellschaft von uns denken könnte!! ist wirklich ein Fenomen. Solange es diese mutigen Frauen gibt auf der Welt, können wir etwas beruhigter sein und unsere Gefühle einen Wert geben.

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Titel

Orignaltitel

Kazoku X

Englischer Titel

Household X

Credits

Regisseur

Yoshida Koki

Schauspieler

Minami Kaho

Kaku Tomahiro

Taguchi Tomoroo

Land

Flagge JapanJapan

Jahr

2010

Dauer

90 min.

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