Bärenwetten

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Es ist mal wieder so weit. Das Festival neigt sich dem Ende und fiebert auf seinen Höhepunkt zu: die Vergabe der Bären. Nach 10 Tagen Festival wagen wir die ersten Prognosen, wer das Rennen machen wird. Wir freuen uns auf Eure Kommentare und Berlinale-Tipps!

Tiziana Zugaro

Den Goldenen Bären für den besten Film würde ich ganz klar an Ashgar Farhadis NADER AND SIMIN, A SEPARATION vergeben: Überzeugend, packend, ein vielschichtiger Plot, der ein System von Vertuschungen und Lügen im Privaten wie im Gesellschaftlichen greifbar macht. Sehr gute Schauspieler, tolle Regie, eindrückliche Bilder.

Den Großen Preis der Jury (Silberner Bär) könnte ich mir gut für Béla Tarrs THE TURIN HORSE vorstellen – dieser Film war sicherlich der formal wagemutigste auf der Berlinale. Ansonsten fände ich das auch einen guten Preis für OUR GRAND DESPAIR.

Den Preis für die Beste Regie (Silberner Bär) hat meiner Meinung nach auch NADER AND SIMIN verdient – aber er wäre für mich auch denkbar für Andreas Veiels WER WENN NICHT WIR.

Den Preis für die Beste Darstellerin (Silberner Bär) würde ich Lena Lauzemis als Gudrun Ensslin in WER WENN NICHT WIR geben.

Den Preis für den Besten Darsteller (Silberner Bär) an August Diehl für seine Rolle als Bernward Vesper in WER WENN NICHT WIR.

Den Preis für das Beste Drehbuch (Silberner Bär) könnte ich mir gut für Yasemin Samderelis ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND vorstellen.

Den Preis für eine Herausragende Künstlerische Leistung aus den Kategorien Kamera, Schnitt, Musik, Kostüm oder Set-Design (Silberner Bär) wäre wohl die Kamera in KOMMT REGEN, KOMMT SONNENSCHEIN, die mit sagenhaft wenigen Schnitten und langen Kamerafahrten durch ein unterkühltes Designer-Haus auskommt, und so perfekt das lähmende und unterkühlte Element als Zentrum des Films präsentiert.

Den Alfred-Bauer-Preis, in Erinnerung an den Gründer des Festivals, für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet, müsste eigentlich an Miranda July für THE FUTURE gehen; das war auch ein ästhetisch sehr außergewöhnlicher Film.


Barbara Meincke

Ich habe ihn zwar leider nicht gesehen, tippe aber bei den durchweg begeisterten Kritiken auf einen Goldenen Bären für NADER AND SIMIN, A SEPARATION.

Sehr freuen würde ich mich über einen Bären für BIZIM BÜYÜK CARESIZLIGIMIZ, OUR GRAND DESPAIR – was für ein schöner schöner Film!

Ich hoffe, dass keiner der Bären für CORIOLANUS geopfert wird – dieser Bombast-Streifen hätte es nicht verdient.


Christian Caravante

THE FORGIVNESS OF BLOOD wäre ein typischer Berlinale Gewinner: Ein Land von der Peripherie der filmischen (und politischen) Landkarte, eine archaische Geschichte und mit Botschaft. Er würde mich als Sieger nicht überraschen, wäre fast zu naheliegend.

Ebenso ist es mit NADER AND SIMIN, der von den Zuschauern durchgehend als toll, ja brillant, empfunden wurde. In ihm spiegelt sich wirklich Gesellschaft im Kleinen der Familie. Hinzu kommt die Festsetzung des Jury Mitglieds Jafar Panahi - der goldene Bär wäre ein Statement. Nun könnte die Jury allerdings nicht als vorhersehbar gelten wollen und etwas anderes, als das Richtige und Naheliegende tun. So sind Jurys.

Weder RAF aus Deutschland mit WER WENN NICHT WIR, noch Nazi aus Österreich mit MEIN BESTER FEIND werden stechen, denke ich. Allzu abegriffen die Themen und auch recht konventionell gefilmt.
Auch nicht das Kammerspiel in Afrika von Köhler SCHLAFKRANKHEIT, zu selbstbezogen.
Einige der eindrucksvollsten wie PINA oder ALMANYA und natürlich TRUE GRIT liefen außer Konkurrenz.
Total daneben der französische Beitrag LE FEMMES DU 6ÈME ÉTAGE. Was Kosslick da geritten hat, bleibt sein Geheimnis.

Was die silbernen Bären angeht, tappe ich im Dunkeln, könnte mir aber vorstellen, dass August Diehl als Schauspieler oder Ralph Fiennes CORIOLANUS einen bekommen.

Miranda Julys THE FUTURE ist süß, bizarr und eigenartig. Hipster Kunst und Thirty-Somethings kunstvolles Gejammer - passt gut zu Berlin als Stadt, aber nicht zur Jury. Gegen all meine Argumente spricht, dass ich in sechs Jahren noch nie richtig getippt habe. Also lieber selbst raten, bevor Ihr Eure Wetten platziert.

Andreas Tai

Den Goldenen Bären und den Großen Preis der Jury teilen NADER AND SIMIN, A SEPARATION und THE FUTURE unter sich auf. Der iranische Wettbewerbsbeitrag wurde hoch gelobt und ein Preis wäre wie bereits erwähnt ein weiterer solidarischer Appell für die Freilassung des inhaftierten iranischen Jurymitglieds Jafar Panahi. THE FUTURE könnte ein Liebling von Rossellini & Co. sein, weil er sehr eigenwillig und ideenreich das Lebensgefühl der Thirty-something Generation einfängt.

Mindestens ein Preis wird an WER WENN NICHT WIR gehen, denn es gehört zum guten Ton, einen Film aus dem Land des Filmfestivals auszuzeichnen.

Einen Preis würde ich auch dem mutig entschleunigten KOMMT REGEN, KOMMT SONNENSCHEIN wünschen. Leider kann ich keine Preis-Kategorie entdecken, wo er rein passt.

Kommentare ( 2 )

Der goldene Bär geht entweder an THE TURIN HORSE oder an NADER AND SIMIN.

Ich hoffe, dass weder WER WENN NICHT WIR noch MEIN BESTER FEIND unter den Gewinnerfilmen sein werden, da beide zu konventionell und zu plakativ waren.

CORIOLANUS hat mir wegen der extrem gut gelungenen Adaption des Shakespeare Stoffes in die Jetzt-Zeit sehr gefallen und er hätte meiner Ansicht nach einen Preis verdient. Silberner Bär könnte gut sein. Den Preis für die beste Schauspielerin würde ich an Vanessa Redgrave geben.

Ich habe im Wettbewerb nur MARGIN CALL gesehen. Der wird nichts gewinnen.
Heißer Favorit ist NADER AND SIMIN: Gesellschaftskritik + Iran + guter Film ist unschlagbar.
THE TURIN HORSE ist ein Geheimfavorit, weil das exzentrische Thema der Jury-Vorsitzenden Isabella Rossellini und dem Mitgliied Guy Maddin gut gefallen wird.
Deswegen: Goldener Bär für den iranischen Beitrag und Großer Preis der Jury für das Pferd aus Turin.

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