Cosa voglio piu - (Was will ich mehr) von Silvio Soldini

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Vier mal vier Stunden wegtauchen

Eigentlich eine ganz konventionelle Affäre begleiten wir von Anfang bis zum Ende in diesem Film des „Brot und Tulpen“ und „Agatha und der Sturm“ Regisseurs Silvio Soldini.
Mailand: Anna lebt mit ihrem gutmütigen, übergewichtigen Freund Alessio zusammen. Sie arbeitet in einem Büro in der Stadt, aber die beiden haben sich irgendwo weit außerhalb eine Wohnung gekauft. Als Annas Schwester ein Kind bekommt, fragt Alessio, ob sie nicht auch mal wollen, irgendwann. Ok, setzten wir halt die Pille ab. Sagt sie, macht‘s aber nicht. Und er macht auch nichts, außer abends im Bett Bücher zu lesen und einen ungemeinen Nestbautrieb zu entwickeln: er baut die Wohnung um, kauft Möbel und bastelt. Er kann gut Sachen reparieren, aber seine Freundin kriegt er offenbar nicht hin. Und wie als müsse sich Anna selbst testen, verabredet sie sich schon bald mit der Zufallsbekanntschaft Domenico, Gegenmodell ihres Freundes, ein „He-Man“, viril, muskulös, kantiges Kinn - und recht schlicht. Die Erfindung von SMS und Handy haben inzwischen Nebenbeziehungen um einiges leichter gemacht und nur die aufmerksamen Partner bemerken das "gesimse" oder die geflüsterten Gespräche zwischen Supermarktregalen. Allessio bemerkt sie nicht.

Ein paar missglückende Sexanfänge in Hauseingängen oder dem Büro, dann fahren Anna und Domenico endlich in ein Stundenhotel und fallen übereinander her. Und das tun sie dann auch einmal die Woche, wenn Domenico behauptet Tauchen zu gehen. Er ist nämlich verheiratet, hat zwei Kinder und Geldsorgen.
Dass die beiden wirklich gut miteinander, jedenfalls körperlich, harmonieren, sieht so aus. Warum Anna allerdings irgendwann mehr will, sich gar verliebt, bleibt schleierhaft, weil die beiden faktisch nicht miteinander reden und wir außer dem wöchentlichen „Nackischmachen“ nicht viel über sie zusammen erfahren. Aber vielleicht ist es genau das: ein Mann der Tat, der auch so aussieht, eine Frau auf der Suche nach einem Zeuger und ihn sich organisiert. Dieses System in Balance zu halten, wie ihre festen Beziehungen, wird zunehmend schwierig. In dem Moment, in dem Anna mehr will, geraten die Dinge in Bewegung.
Anna und ihr Freund und ein anderes Paar spielen in einer Szene "Charade" und dass die Männer im Gegensatz zu den Frauen das Spiel verlieren, weil sie die Zeichen nicht deuten können, kann man als Vorzeichen sehen.

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Es kommt wie es kommen muss: Domenicos Frau kriegt was spitz, Anna flippt beim Sonntagsessen der Familie aus, als Allessio von Kindern anfängt. Anna trifft Domenico nicht mehr, dann doch wieder, und wieder nicht, und doch wieder. Die Beziehung besteht aber weiter aus Sex und Sex allein. Einmal gehen sie Essen und Tanzen und so verliebt sie auch wirken - irgendwie passt etwas nicht. Annas Drang zu mehr bleibt weiter unerklärt. Was Domenico eigentlich will, bleibt ebenso im Dunkeln: Entspannung, Ego-Shooting, eine Fluchtmöglichkeit?
Die Figuren bleiben den Film hindurch zu eindimensional, aber durch die fast dokumentarische Art der Regietechnik, wirkt das paradoxerweise authentisch. Man könnte zugunsten der sehr schön gespielten Charaktere außerdem annehmen, dass die Anna und Domenico einfach Sex und den Reiz des Verbotenen mit Liebe verwechseln. So lange jedenfalls, bis sie zum ersten Mal zusammen für ein Wochenende wegfahren.

Eine verhängnislose Affäre, irgendwie alltäglich und überflüssig. Die Lektion der Figuren eine kleine: Sex ist nicht alles im Leben - oder so ähnlich. Der Film erzählt von Dingen, die am Ende so bleiben, wie sie waren, nachdem sie kurz hätten ganz anders sein können. Wie im wahren Leben. Aber so richtig zwingend ist das alles nicht.

Kommentare ( 2 )

grazie R per l'istruzione italiana...

prego!non poteva restare cosi!bravo, a presto, R.
Der Film scheint Teile aus dem wahren Leben zu spiegeln,richtig ist es, Sex ist nicht alles im Leben, aber wenn die Kommunikation auch nicht da ist, versucht mann bei jemand anders die Erklärung zu finden was in der Beziehung nicht klappt und fehlt, und manchmal ist nun mal der Sex das Erste was fehlt. Und die Unverbindlichkeit ist das Beste was hilft!

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