Berlinale 1997

Puh - das hörte einfach nicht auf: Etatkürzungen, Zank über den Festivalleiter wie überhaupt über die Zukunft des Festivals. Nebenbei dummes Gerede von Politikern, deren geistiger Horizont in Detmold oder Fürstenfeldbruck gut regiert hätte, ja im Berliner Kiezmief jahrzehntelang ausgereicht hatte, aber nun verantwortlich war für Hauptstadt-Kultur. Und so begann man an der Berlinale in einer gefährlichen Mischung aus Großmannssucht und Ignoranz herumzudoktorn.
Am Ende wurde beschlossen: de Hadeln bleibt doch, die Berlinale zieht in die Daimler City am Potsdamer Platz (auch wenn alles noch nicht fertig war, die Kinos ohne Betreiber und der Festspielpalast ohne Konzept) sowie Forum und Wettbewerb bleiben Teil einer gemeinsamen Veranstaltung im Winter (was tatsächlich in Frage stand).

Die italienische Filmkrise wurde nun auch der Berlinale offenbar, als man die angebotenen Filme allesamt ablehnte, sie fast als Beleidigung ansah, da 90 Prozent Fernsehproduktionen mit eben diesem Niveau waren. David Lynchs Lost Highway ging lieber nach Cannes, und so war es auch mit einigen anderen erhofften Wettbewerbsteilnehmern. Es kamen amerikanische Großproduktionen: The People vs. Larry Flynt von Milos Forman, der auch den Goldenen Bären gewann, William Shakespeare's Romeo & Juliet von Baz Luhrmann, Anthony Minghellas Der Englische Patient und Tim Burtons Mars Attacks!, dazu The Crucible von Nicholas Hynter und die übliche Mischung aus dem Rest der Welt, bei der der Film Der Fluss von Tsai Ming-liang herausstach und den Spezialpreis der Jury (Silberner Bär) gewann. Es war ja die inzwischen zum Glück vergessene Zeit der deutschen Komödie, wobei der Wettbewerbsbeitrag Das Leben ist eine Baustelle von Wolfgang Becker noch zu den besseren gehört.

Im Panorama wurde Brassed Off zum Publikumsliebling, ein Film über die Identitätskrise der letzten europäischen Arbeiterklasse: eine Bergarbeiterkapelle in England mitten im industriellen Abschwung.

Spürbar im Anflug, trotz Stars und großer Filme, bereits eine neue Krise - die gefühlt hundertste der Berlinale, die das nächste Jahr bestimmen sollte.

Kommentare ( 1 )

Du freudloser Komödienhasser. Pfui!

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