Berlinale 1992

Wird die Berlinale von amerikanischen Filmen dominiert und gräbt so den anderen europäischen Festivals das Wasser ab, wenn es um Premieren großer US-Produktionen geht? Eine alte Diskussion gewinnt wieder an Fahrt. Der französische Kulturminister Jack Lang bläst sich mächtig auf und droht, das Festival von Cannes vorzuverlegen. Die Berliner reagieren nervös: Außenminister Genscher wird zu Hilfe gerufen. Am Ende ändert sich nichts. Natürlich. Wer glaubt schon, dass die Franzosen im Februar in Cannes Filme gucken wollen, wenn das Wetter auch an der Côte d'Azur nicht gerade freundlich ist?

Unterdessen ist die Berlinale weiter auf Identitätssuche. Wenn das Festival im Kalten Krieg die Brücke zwischen unterschiedlichen Systemen in Ost und West war, was soll sie dann in der Zukunft sein? „Eine Brücke zwischen den Kulturen im neuen Europa“, sagt Moritz de Hadeln. Aha. Europäische Regisseure bearbeiten dann auch historische Themen und scheitern nach Ansicht der Kritiker: Konchalovskys Der innere Kreis über den Filmvorführer Stalins „zu melodramatisch“, Geissendörfers Gudrun über den Alltag in Nazi-Deutschland „zu sentimental“ und Caminos "Der Lange Winter" über die Franco-Zeit „zu langweilig“.

Die verflixten Amis kommen dagegen mit Filmen, die gewalttätig und spannend sind: Scorsese fällt mit dem Remake von Kap der Angst nichts Neues ein, aber er hat de Niro. Paul Schraders Light Sleeper zeigt die düsteren aber verführerischen Wege eines Drogendealers der Upper Class und Warren Beatty zeigt in Barry Levinsons Bugsy, dass ein Visionär mit der nötigen kriminellen Energie auch die Wüste blühen lassen kann. Den Goldenen Bär gewinnt Lawrence Kasdans Grand Canyon, den viele Kritiker wieder für „zu seicht“ halten .

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