43. Hofer Filmtage

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Heute startet das vielleicht gemütlichste und familiärste Filmfestivals Deutschlands: die Hofer Filmtage. Die Markenzeichen des Festivals: Würstchenbude, Fußball und deutsche Filme.

Für deutsche Jungfilmer ist Hof der ideale Ort, um ihre Erstlingswerke zu platzieren. Während auf der Berlinale viele Entdeckungen im Stargetrampel untergehen, treffen sie in Hof auf ein begeisterungsfähiges Publikum, das als eine nahezu paritätisch zusammengesetzte Mischung aus Filmkritikern, Film-Business-Leuten, Filmliebhabern und Filmemachern dicht an dicht in einem der Hofer Programmkinos zusammenhockt.

Schwerpunkt in Hof ist dieses Jahr wieder ein Genre, dass in deutschen Kinos immer seltener anzutreffen ist: der Dokumentarfilm. Gezeigt wird z. B. die Umwelt-Doku Plastic Planet von Werner Boote. Der Film klärt u.a. darüber auf, dass es schon jetzt sechs mal mehr Plastik als Plankton im Meer gibt und der Trailer verspricht plakativ: "Nach diesem Film werden sie nie wieder aus der Plastikflasche trinken." Na, das werden wir genau beobachten ; )

Maik Bialk macht in seinem Dokumentarfilm ein Experiment der Bundesagentur für Arbeit zum Thema: alle Bewohner eines Dorfes in Ostdeutschland sollen durch Die Maßnahme eine Arbeit finden. In einem Interview sagte Bialk zu seiner Motivation: „Wenn es in den Schlagzeilen heißt, die Menschen heulen vor Glück, dann heißt es, skeptisch werden." In diesem Jahr wurde "Die Maßnahme" bei den First Step Awards als beste Dokumentation ausgezeichnet.

Im Gegensatz zu Maik Bialk hat Rosa von Praunheim schon etliche Steps und Filme hinter sich. Er beschäftigt sich in seinem neuesten Film Höllenfahrt mit der Endstation Sünde. Angenehmer als bei Praunheim dürfte die Fahrt in Uli Gaulkes Pink Taxi sein. Frauen in Moskau fahren in ihren Taxis ausschließlich Frauen. Der folgende Satz aus dem Pressetext zum Film ist so schön, dass wir ihn nicht weiter kommentieren wollen:

"Die Prinzessinnen der Nacht durchstreifen mit ihren schnittigen pinkfarbigen Volvos in atemberaubender Geschwindigkeit eine der teuersten, gefährlichsten und faszinierendsten Großstädte der Welt und eröffnen uns mit ihren intensiven Kundinnengesprächen einen Blick in die Seele der russischen Frau."

Eröffnet wird das Filmfest nicht von einem Dokumentarfilm, sondern von dem deutschen Spielfilm Parkour. Der Debütfilm von Marc Rensing verbindet den urbanen Trendsport, sich möglichst schnell über die Hindernisse im urbanen Dschungel hinwegzubewegen, mit einer Geschichte von Liebe und Eifersucht.

Zarte Parasiten lief bereits dieses Jahr auf den Filmfestspielen in Venedig. Robert Stadlhober und Maja Schöne spielen Jakob und Manu, ein junges Paar, das das Versprechen der Dienstleistungsgesellschaft, die tiefsten Sehnsüchte der Menschen zu stillen, sehr wörtlich nimmt. Als Jakob allerdings für einen Vater den Platz seines verstorbenen Sohns einnimmt, entwickelt sich eine Dienstleistung anders als geplant.

Nach vielen, vielen Jahren hat auch Alexander Kluge wieder einen Film in Kinolänge gemacht. Co-Regisseur ist Stefan Aust mit dem Kluge bereits 1980 beim Film Der Kandidat zusammengearbeitet hat. Wie eine Anspielung auf Austs wohl bekanntestes Buch heißt der neue Film Der Deutschland-Komplex. Im Duktus von Alexander Kluge wird der Film in der dctp Ankündigung kurz und prägnant beschrieben: "Viel Bild, viel Musik, zusammenhängende Analyse".

Natürlich gibt es nicht nur deutsche Filme. Das Hofer Festivalpublikum kommt z. B. in den Genuss von Anvil – The Story of Anvil von Sascha Servasi. Die Band Anvil, so sagen manche, veröffentlichte 1982 das bis dato härteste Album der Metal-Geschichte. Die Beobachtung, wie sich die Vorreiter des Speed Metal heute über die Bühnen schlagen, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.

Es gibt viele, viele Filme, weshalb man sich jetzt ins Auto (oder meinetwegen auch in die Bahn) setzen sollte, um nach Hof zu fahren. Hof liegt übrigens von Berlin und München fast gleich weit weg, sozusagen in der Filmmitte Deutschlands. Also: auf nach Hof!

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