"The Dust of Time" von Theo Angelopoulos

Lieber Theo Angelopoulos, es tut mir leid, aber diesmal kann ich es verstehen, dass nach der Pressevorführung der Kinosaal nur noch halb gefüllt war. Der Versuch, eine 50 Jahre umspannende Liebes- und Familiengeschichte in miteinander verschobenen Zeitebenen auf drei Kontinenten zu erzählen, misslingt gründlich.

Schon die Inhaltsbeschreibung des Films macht einen schwindlig. Die Kurzform: das griechische Liebespaar Eleni (Irene Jacob) und Spiros wird durch den 2. Weltkrieg voneinander getrennt. Er emigriert in die USA, sie verschlägt es in die Sowjetunion. Als Spion getarnt trifft Spiros Eleni in Taschkent wieder. Spiros wird jedoch enttarnt. Er muss in die USA zurück, Eleni wird dagegen nach Sibirien verbannt. Das Ergebnis der kurzen Zusammenkunft der Liebenden, der Sohn A., lässt Eleni aus Sibirien in die USA schmuggeln. In Sibirien trifft Eleni den deutschsprachigen Juden Jakob (Bruno Ganz), mit dem sie in den 70ger Jahren ebenfalls in die USA emigriert. Auf der Suche nach ihrem Sohn fährt sie nach Kanada, wohin A. (Willem Dafoe) vor dem Kriegsdienst geflüchtet ist. Das ist die Vergangenheitsebene. Nun zu der mit dieser verwobenen Gegenwartsebene. Berlin 1999. A. ist inzwischen Regisseur und lebt in Berlin. Die als Liebespaar wiedervereinigten Eleni und Spiros (nun gespielt vom Michel Piccoli) besuchen ihn. A. hat erhebliche Probleme mit seiner Tochter, die von zu Hause abgehauen ist. Außerdem hat A. die Scheidung zu seiner Frau Helga (Christine Paul) noch nicht verarbeitet. Als ob das ganze nicht schon kompliziert genug wäre, besucht Jakob Eleni und Spiros in Berlin, wodurch es zu weiteren Spannungen kommt.
Theo Angelopoulos gelingt es nicht die Puzzleteile seines überfrachteten Drehbuchs zusammenzufügen. Sein Film verliert sich in den Handlungssträngen zu vieler Protagonisten. Auch 2 Stunden reichen nicht aus, um die Einzelgeschichten nachvollziehbar zu machen. Dazu kommen einzelne Ungereimheiten. So nehmen wir Irene Jacobs, die Eleni über die 50 Jahre lang spielt, trotz Maske den Alterungsprozess einfach nicht ab.
Was allerdings am schwersten wiegt ist das blutleere Spiel in „The Dust of Times“. Das Ensemble an bewährten Charakterdarstellern scheint wie durch ein unsichtbares Korsett gefangen und kann nicht frei aufspielen. Alles wirkt arrangiert und durchchoreografiert, egal ob in Taschkent eine Menschenmenge wie eine Tanzkompanie wunderschön auseinandergeht oder ob in Berlin ein Penner eine Bierflasche nach Eleni schmeißt.
Ich habe dem Film bis zum Ende eine Chance gegeben. Schließlich schaut man sich ja auch nicht nur ein halbes Gemälde an und Theo Angelopoulos ist ein wichtiger Teil der europäischer Filmgeschichte. Das Durchhaltevermögen hat sich nicht bezahlt gemacht. Es ist eine Binsenweisheit, doch man ignoriert sie doch immer wieder: Renommee macht noch lange keinen guten Film.

Kommentare ( 1 )

Dein Respekt vor dem Künstler bewundere ich. Habe nach 45 Minuten aufgegeben, etwa in dem Moment, wo Willem Dafoe zum dritten Mal in einen Raum kommt und so tut, als würde er überrascht sein, was er da sieht und als irgendein anderer Darsteller einen Satz aufsagt, der wie vom Teleprompter abgelesen wirkt. So laaangweilig und ungelenk.

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