"Sólo quiero caminar" von Augustín Díaz Yanes

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Last Woman standing

Dieser rasante Mafiafilm beginnt genau so wie er endet: mit Schüssen, Blut und Tod – und das was sich in der Zwischenzeit abspielt geht in eine ähnliche Richtung. Ein Genrefilm, der gleichzeitig die gängigen Klischees bedient und aufs Korn nimmt. Heraus kommt dabei in jedem Fall rasante, wenn auch ziemlich brachiale Unterhaltung.

Der Film stellt so einiges auf den Kopf; allem voran die genreüblichen Geschlechterrollen: Coole Männer in Anzügen und Sonnenbrillen erledigen die Mafiaarbeit, Frauchen sitzt zu Hause und wartet bzw. weint gelegentlich auf einer Beerdigung. Beerdigt, oder zumindest erledigt, werden in diesem Film jedenfalls so ziemlich alle Protagonisten – und Last Man Standing ist, ohne zuviel verraten zu wollen, am Ende jedenfalls kein Mann.

Dabei beginnt alles recht konventionell: Der reiche Pate, in diesem Fall ein Mexikaner, macht einer Prostituierten einen Heiratsantrag und nimmt sie mit nach Mexiko City. Über die „Pretty Woman“-Konstellation macht er sich ausgiebig lustig. Als das Lied auch noch dröhnend auf der Hochzeit zum Besten gegeben wird, wird deutlich dass dieser Film keinen Anspruch auf Subtilität erhebt. Aber das ist nur der Anfang einer Menge Probleme: Als er der Dame überdrüssig wird, schmeißt er sie mitten auf dem Highway aus dem Auto. Opfer Nummer eins, das künftig im Koma dahindämmert, ist danach Auslöser eines blutigen Rachefeldzuges, bei dem drei ihrer Freundinnen dem Mafiaboss und seinem smarten Killer Gabriél in der Folge schwer zusetzen.

Interessant ist ein Blick in die Filmbewertung in der IMDB: Der Film schneidet hier außerordentlich schlecht ab, mit 5,4 von 10 Punkten; noch erhellender ist aber die Bewertung nach Frauen und Männern: Während Männer ihn mit durchschnittlich 5,7
bewerten fällt er bei Frauen mit 2,6 Punkten völlig durch – und das, obwohl er das Thema männlicher und weiblicher Gewalt explizit thematisiert. Geht er dabei zu weit? Oder nicht weit genug? Oder ist er den meisten weiblichen Zuschauerinnen schlicht zu brutal? Das kann der (männliche) Rezensent nicht beantworten, denn ihm hat dieser Film doch recht gut gefallen (ich würde 7 Punkte vergeben).

Jedenfalls erweisen sich die Mafialadys nicht nur in Punkto Raub, sexuelle Gewalt und Mord ebenbürtig, sondern tricksen die brutale Bande auch noch mit überlegener Planung und Technik aus. Grotesk wird es, als Superheldin Aurora ein Fahrrad zusammenschweißt, das sich zur Pumpgun umbauen lässt. Insgesamt kommt eine Mischung aus ungefähr Amores Perros, Lara Croft und No country for old Men heraus (der Hauptdarsteller spielt einen ähnlich wahnsinnig und brutalen Killer; außerdem kommt er einem sehr bekannt vor – aber das liegt daran, dass er Luis Figo zum Verwechseln ähnlich sieht). Es sind dabei gerade die vielen überzogenen Szenen, die den Film interessant machen, wobei er nichts von seiner Spannung verliert.

Kommentare ( 1 )

Der Film ist sehr clever und mit seinen Zitaten so cool, wie Quentin Tarrantino gerne sein würde, wenn er genug Grips dazu hätte. Beispiel:
Als unsere Heldin mal wieder auf einer gefährlichen Mission unterwegs ist, dröhnt das Riff vom Stones-Song "Gimme Shelter" - dem Song, den Scorsese am häufigsten in seinen Filmen verwendet hat - aber gesungen wird er hier in einer Cover-Version von Patti Smith.

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Titel

Orignaltitel

Sólo quiero caminar

Englischer Titel

Just Walking

Credits

Regisseur

Agustín Díaz Yanes

Schauspieler

Victoria Abril

Elena Anaya

Pilar López de Ayala

Ariadna Gil

Diego Luna

Land

Flagge MexikoMexiko

Flagge SpanienSpanien

Jahr

2008

Dauer

129 min.

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