"Katalin Varga" von Peter Strickland

Katalin Varga mag einer der absonderlichsten Filme im Wettbewerb dieser Berlinale sein; einer der besten ist er sicherlich nicht. Dafür scheinen Geschichte und Erzählform viel zu unentschieden und klischeebeladen.

Katalin Varga lebt mit Ehemann und Sohn Orbán in einem kleinen Dorf in Rumänien. Als ihr Mann erfährt, dass Orbán nicht sein leiblicher Sohn ist, schmeisst er Frau und Kind kurzerhand aus dem Haus. Die beiden brechen mit einem Pferdekarren auf zu einer Reise, die ein Rachefeldzug Katalins gegen ihren früheren Vergewaltiger und seinen Komplizen wird. Dabei scheint sie ihrer Sache zunächst sehr sicher und bringt ohne sichtbare Regung den Komplizen um. Erst als sie den Vergewaltiger selber aufspürt, der mit seiner Frau ein offensichtlich glückliches Leben führt und Orbán sofort ins Herz schließt, beginnt sie in ihrem Entschluss zur Rache zu wanken. Und noch bevor sie eine Entscheidung fällt, holt ihr eigenes Unrecht sie auf mörderische Weise ein.

Peter Strickland hat diese Geschichte in Rumänien spielen lassen, und man wird den Eindruck nicht ganz los, dass er sich dabei von der üblichen Assoziationskette aus Unheil, Mystik und Blutrausch nicht hat befreien können. Drohend wummernde Musik unterlegt Bilder der Karapten, in denen allzu oft der Vollmond auf Nebelschwaden scheint. Wenig überzeugende Schauspieler und eine reichlich simple Botschaft, nämlich dass Unrecht Unrecht erzeugt, tun ihr Übriges, um von dem eigentlichen Drama der Geschichte, der Vergewaltigung einer jungen Frau und der schrecklichen Folgen für ihr gesamtes Leben, abzulenken. Ein zwiespältiger Film, der nicht zuletzt durch sein Wirrwarr an Stilmitteln eine große Distanz zu Geschichte und Personen erzeugt.

Kommentare ( 1 )

Ganz so negativ hab ichs nicht erlebt, war allerdings nach dem Film ein bisschen unentschieden, was von ihm zu halten ist. Eine gewisse Verstörung, die er erzeugt, würde ich ihm nicht vorwerfen, sondern beim dem Thema als Pluspunkt anrechnen. Dasselbe gilt für die Distanz, die er massiv erzeugt. Unentschieden fand ich die Erzählform nicht, eher im Gegenteil, zu formal und stilistisch. Im brasilianischen Panorama-Beitrag "Vinganca" geht es auch um Rache nach einer Vergewaltigung, der Film ist aber deutlich konventioneller erzählt. Interessant ist, dass beide Filme nichts über die Protagonisten erzählen, sondern ganz das Trauma der Tat, das Nicht-Fliehen können und das treibende Gefühl irgendetwas "abrechnen" zu müssen, was natürlich niemals möglich sein wird.
Ich weiß nicht was die "beste" Art ist, sich diesem Thema filmisch zu nähern, aber den Ansatz von Katalin Varga fand ich ganz interessant - auch wenn der Stil und die erwähnte zu dick aufgetragene Rumänienkulisse den Film beizeiten anstrengend machen. Er hat aber auch ein paar ganz starke Momente, zum Beispiel als Katalin Varga den Vergewaltiger, der bis dahin nicht weiß wer sie ist, in einem Ruderbot mit seiner Tat konfrontiert. Die Berlinale gewinnen wird er eher nicht nicht, aber das er einen Preis bekommt würde ich nicht völlig ausschließen.

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Titel

Orignaltitel

Katalin Varga

Credits

Regisseur

Peter Strickland

Schauspieler

Melinda Kántor

Sebastian Marina

Tibor Pálfy

Hilda Péter

Norbert Tankó

Land

Flagge RumänienRumänien

Flagge UngarnUngarn

Flagge Vereinigtes KönigreichVereinigtes Königreich

Jahr

2008

Dauer

84 min.

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