"Fig Trees" von John Greyson

Wer noch die Gelegenheit hat, der sollte sich „Fig Trees“ anschauen. Natürlich gibt es 100 andere Filme, die wir uns auch noch auf der Berlinale anschauen sollten. Doch „Fig Trees" wird man so schnell nicht mehr zu sehen bekommen, denn seine Heimat sind die Filmfestivals. Darauf zu warten, dass der Film ins Fernsehen kommt, ist keine Alternative. Man täte sich keinen Gefallen. "Fig Trees" braucht viel, viel Platz. Er braucht das Kino und die große Leinwand.

Der Kanadier Tim McCaskell und der Südafrikaners Zackie Achmat sind zwei der bekanntesten AIDS-Aktivisten, die sich seit über 20 Jahren für die AIDS-Aufklärung und die Bereitstellung von Medikamenten zur Behandlung von AIDS einsetzen. Über beide und ihre Einbindung in die „AIDS- Action NOW“-Bewegung gibt es bereits einige gute Dokumentarfilme. Daher hat sich Regisseur John Greyson an etwas Neues gewagt. Gemeinsam mit dem Komponisten David Wall hat er eine AIDS Oper komponiert. Das ist im Ergebnis noch außergewöhnlicher als es klingt. In einer experimentellen Bildsprache, in der Greyson wie sein Vorbild Peter Greenaway durchgehend auf die Split Screen Technik setzt, werden mit überbordenden Ideenreichtum Interviews mit Achmat und McCaskell, die TOP 100 der AIDS Songs und der musikalische Rahmen, der auf der Oper „Four Saints in Three Acts“ von Virgil Thompson und Gertrude Stein basiert, zusammenmontiert.



An dieser Stelle den Inhalt von „Fig Trees“ wiederzugeben, wäre nicht redlich. Ich müsste lügen. Irgendwann habe ich aufgegeben, angestrengt über die Zusammenhänge nachzudenken und mich einfach Greysons visuellem Einfallreichtum überlassen. Erstaunlichweise hat der Film dann sehr gut funktioniert.

"Fig Trees" schafft es, die politische Botschaft der AIDS Bewegung rüber zu bringen. Das liegt besonders an den starken und überzeugenden Persönlichkeiten Zackie Achmats, Tim McCaskells und des ehemaligen Botschafters Stephen Lewis, der nun, da er nicht mehr im Amt ist, sehr deutliche Worte über die AIDS-Politik der südafrikanischen Regierung und über Bonos Red Kampagne findet.

"Fig Trees" ist zudem kein Kunsthandwerk. Wie man einen solchen Film macht, lernt man in keinen Töpferkurs für Filmemacher. "Fig Trees" ist freie Kunst. Sein Wert liegt darin, dass sich John Greyson wenig um Erzählkonventionen und Sehgewohnheiten schert. Er folgt seinen Assoziationen. Die Geschichte der „AIDS-Action NOW“ Bewegung und der Aktivisten, die gestorben sind, weil sie nicht die angemessene medizinische Behandlung erfahren haben, werden auf einer Ebene zusammengeführt. In diesem Sinne arbeitet der Film wie unserer Gedächtnis, in dem das Gestern genauso intensiv ist, wie der Moment in dem wir leben.

John Greyson hat sich die Frage gestellt, wie man heute über AIDS singen kann. Es lohnt sich, sich auf seine aufregende Antwort einzulassen.

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Titel

Orignaltitel

Fig Trees

Deutscher Titel

Feigenbäume

Credits

Regisseur

John Greyson

Schauspieler

Van Abrahams

Justin Bacchus

Alexander Chapman

Ezra Perlman

David Wall

Ashton Williams

Denise Williams

Land

Flagge KanadaKanada

Jahr

2008

Dauer

100 min.

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