"The Other Boylen Girl" von Justin Chadwick

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"This is England / What we're supposed to die for / This is England / And we're never gonna cry no more" - The Clash

Kurz gesagt geht es 110 Minuten ums Vögeln. Aber gezeigt wirds nicht, alles keusch wie es sich für einen Hollywood Film gehört.
Das Gepimper findet in schönen Kostümen und Schlössern statt, mal bei Kerzenlicht und knackendem Kaminfeuer, mal rücklings über den Schreibtisch ihrer Durchlaucht. Ziel des ganze Geraschel von Gewändern und Hermelinkragen ist einen Thronfolger zu zeugen. Das gelingt trotz mehrerer Frauen, die Heinrich besteigt, nicht. Und damit der die Tussis wieder loswerden kann, bricht er mit der Kirche, verjagt die eine Frau, lässt die nächste umbringen und die dritte darf am Leben bleiben. Letzere wird irgendwann die kleine rothaarige Elisabeth nach London schicken, damit sie 45 Jahre Königin von England sein kann, über die ja auch schon Kostümschinken gemacht wurden.

Etwas anderes als die Frage, wen er flachlegen kann, scheint Heinrich nicht umzutreiben. Da kann Heinrich (Eric Bana) noch so leidend und nachdenklich gucken - die Verliebtheit oder Liebe oder was das sein soll, nehm ich ihm nicht ab. Die beiden Schwestern Anne und Mary (Natalie Portman, Scarlett Johansson), zieren sich, dann rangeln sie um das Gemächt und die Gemächer des Königs, Stutenbissigkeit, wer die favorisierte Gebärmaschine ein darf, am Ende Versöhnung, aber der einen wird trotzdem der schöne Kopf vom Schwanenhals getrennt. Das ganze soll dann aber so aussehen, als würden die ganze Zeit, die Mädels die Fäden ziehen und die eine total verschossen, in des Königs Sommersprossen. Es ist dieser allzugut aussehende Dreitagebart mit Puffärmeln, der am Ende die (Strumpf)Hosen anhat. Ende des Films.

Man kann sich nur wundern, dass England so lange so mächtig war. Am König, am Hof hat es gewiss nicht gelegen. Aber er lieferte ja schon für Shakespeare viel Material. Fälschlicherweise hat man in den vergangenen Jahrhunderten Geschichte, für das Tun der gekrönten Heinrichs, Karls, Louis allein gehalten. Dieser Film macht da keine Ausnahme. Aber geliefert wird hier nur ein Kammerspiel der Dekadenz, Geilheit und Machtgier. Was einen Film wert sein kann. Aber nicht so: The Other Boylen Girl erzählt schon hundert Mal Gesehenes ohne jede Ironie, ohne eine Anflug von Kreativität oder auch nur einen Versuch zu untenehmen, den Hof in ein Land oder eine Zeit einzubetten.

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Solides, aber belangloses Hollywoodkino: schöne Frauen, ein bisserl Intrige und böseböse Menschen, das ganze mit großen Namen besetzt, dann Kostüme anziehen, Schloßkullisse. Dann noch ein paar prae-feministische Sprüche, eine selbstbewusste Tochter und die Behauptung, es gehe eigentlich um die Liebe. Im Abspann behaupten, das alles habe sich wirklich so zugetragen - und fertig ist die Million Dollar Einnahmemaschine.
Und jetzt ran an den alten Fritz oder vieleicht nochmal Elisabeth oder Mary oder igendeinen von den Ludwigs oder Karls. Da guck ich lieber König Alfons dem Viertel-Vor-Zwölften auf Lummerland zu, als diesem Berlinale / Filmstart Cross Promotion Ding.

Kommentare ( 1 )

Ja, ich fand es zudem sehr faszinierend, wie aus dem unappetitlichen Fettbauch Henry VIII im Film auf einmal der ranke und schlanke glutäugige Eric Bana wurde...jaja.

Richtige Größe bewies dagegen Kristin Scott Thomas in ihrer kleinen Rolle als Mutter der Boleyn Babes, die für die Intrigiererei am Hof nur Verachtung übrig hat.

Frau Johansson ging mir mit ihrem Rehblick ziemlich auf den Zeiger, vor allem, weil sie auch anders kann, aber sie darf hier ja nicht.

Sehr schön fand ich außerdem das viele sinnlose durch die Nacht galloppeln, was eine tolle Tonsopur macht: galloppel, galloppel, galloppel, rummms! wie es schön so schein bei Asterix nachzulesen ist.

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Titel

Orignaltitel

The Other Boleyn Girl

Credits

Regisseur

Justin Chadwick

Schauspieler

Eric Bana

Scarlett Johansson

David Morrissey

Natalie Portman

Mark Rylance

Kristin Scott Thomas

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Flagge Vereinigtes KönigreichVereinigtes Königreich

Jahr

2007