"Leo" von Josef Fares

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Auge um Auge...

Der Film dreht sich um die Frage, die mir bei meiner Musterung für die Bundeswehr gestellt wurde, als ich sagte, ich wolle verweigern: „Was würden sie denn machen, wenn ihre Freundin angegriffen und vergewaltigt wird. Würden sie nicht schießen, um sie zu retten?“

Der Film Leo von Josef Fares, der bisher mehr Kommödien wie "Jalla Jalla" und "Kops" gemacht hat, braucht nur 5 Minuten, dann steigt sie hoch im Zuschauer: die Wut, die Hilflosigkeit, die man angesichts von Menschen empfindet, die einen in ihrer Gewaltbereitschaft einschüchtern und denen es allein um Dominanz ohne jegliche moralische Bedenken oder Skrupel geht.
Leo geht nach der Feier seines 30. Geburtstags mit seiner Freundin nach Hause, sie sind fröhlich, ausgelassen, plötzlich zwei Typen vor ihnen in der leeren Straße. Der berüchtigte: „Was guckst du, willst du Ärger..“ Satz führt in nur zwei Minuten in die Katastrophe.

Er wird verprügelt und dann seine Freundin misshandelt, er macht nichts, kann nichts machen, Schüsse fallen. Sie ist tot. Kein Stephen King Roman kann den Horror schneller und wirklicher in den Alltag bringen, als die drei Minuten dieses Films. Zu klar zu möglich erscheint das. Und daher tragen die Figuren im Film auch die Namen der Schauspieler, Josef Fares spielt selbst mit und man spürt in jeder Szene, das dieser Film eine schreckliche Vision von vielen ist.

Bei Leo folgt nach der Beerdigung die Trauer, der Schmerz, die Unmöglichkeit zu begreifen und die Unfähigkeit von Familie und Freunden, das Richtige zu sagen. Dann in langsamen, tastenden Bildern zunächst, bricht das archaische, Gefühl hervor, das durch keine Zivilisation oder Religion wird je zu unterdrücken sein: Rache.

Leos große Trauer mischt sich mit Scham und Schuld, nicht wie ein „Mann“ gegen diese Typen gekämpft zu haben. Und aus Schuld und Scham wird bald Hass. Blanker Hass, der ihn in Gewaltphantasien treibt, mit denen Leo glaubt, sich von seiner Schuld erleichtern zu können. Die Therapie bricht er ab „Worte, nur Worte!“ Das Schicksal, wie bei Ahab, der auf Rache an dem Wal sinnt, nimmt seinen Lauf. Eine Waffe wird besorgt, Leo will das Universum, sein Universum, wieder ins Gleichgewicht bringen, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und als Zuschauer sitzt man da und fragt sich, Was würde ich machen? Natürlich ist man auf seiner Seite. Aber würde man schießen und das Gesetz selbst in die Hand nehmen?
Leos Freunde Josef und Shahab unterstützen ihn, Josef allerdings nur, weil er seinen Freund liebt, er mahnt zur Ruhe, fleht Leo an, es der Polizei zu überlassen. Das wird nicht geschehen. Denn anders als in Gewaltfantasien, die am Ende vielleicht das kurze Gefühl, die Illusion, der Erlösung bringen, weil man gehandelt hat, etwas getan hat, so folgen, WENN man etwas tut, wenn man wirklich handelt und Rache nimmt, meist schreckliche Dinge. Konsequenzen. Und die enden eben nie so wie die populären Revenge-Filme, die aus Amerika kommen. Zuletzt mit Jodie Foster in "The brave One / Die fremde in Dir" oder Klassiker wie der Bronson Film "Ein Mann sieht Rot".

Die Rache in Leo bringt keine Erlösung, nicht für den Zuschauer und nicht für Leo. Der ultimative Akt der Rache misslingt dramatisch, das Böse obsiegt. Und ob man nun schießen würde, kann nur jeder selbst wissen, es gibt da wie Leo sagt, eben Worte oder Taten und nichts dazwischen.

Auf die Frage bei der Musterung habe ich gesagt. Sicher würde ich. Aber würde ich? Eine Horrorvorstellung. DAS moralische Dilemma nicht nur für Wehrdienstverweigerer oder Pazifisten. Was sagt man? Ich bete einfach, nie nie vor diese Frage gestellt zu werden und ahne doch, was ich tun würde. Angst haben wie Leo, die Figur in Fares Film. Kein Held sein. Aber wenn ich danach an eine Waffe käme und der Typ mir über den Weg liefe.…Und da kann man vor sich selbst Angst bekommen....

Kommentare ( 2 )

Hallo,
sein Filmdebüt hieß Jala! Jala!.

@ Alexander :

Wenn du korrigierst, dann mach es doch bitte richtig ...

Der erste Film von Josef Fares aus dem Jahr 2000 heisst natürlich (richtig geschrieben) "Jalla ! Jalla !"

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Titel

Orignaltitel

Leo

Credits

Regisseur

Josef Fares

Schauspieler

Sara Edberg

Josef Fares

Shahab Salehi

Leonard Terfelt

Land

Flagge SchwedenSchweden

Jahr

2007

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