Die Berlinalefänger

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Die Freunde von Tom Cruise sind auch schon da

Während der Berlinale lauern sie überall, Menschen mit Botschaften, Anliegen, oder, schnöder, mit Produktproben und Werbung. Am Tage rase ich an ihnen vorbei, komme in letzter Minute zum Film, man müsste verrückt sein mir mit dem gehetzten Blick ein Zeitungsabo aufschwatzen zu wollen. Aber nach den Filmen am Ende des Tages bin ich leichte Beute. Da stehen sie, vor der S-Bahn Potsdamer Platz, und fragen mich: „Lust auf einen kostenlosen Stresstest?“

Und wer wäre dafür empfänglicher als die gestressten rasenden Berlinalereporter. Wäre da nicht diese rote Lampe, die angeht, klar, Stresstest, das sind die Irren von Sientology. Nein, ich will nicht so wahnsinnig werden wie Tom Cruise, also lieber kein Stresstest. „Ich bin nicht gestresst, danke“. „Lesen Sie denn gern?“ Es werden mir zuviel der Fangfragen, und bevor mir der alte L. Ron Hubbard in die Hand gedrückt wird lehne ich höflich ab, „danke, nein, ich seh lieber Filme.“ So bin ich entkommen, aber da renne ich schon dem nächsten Berlinalefänger in die Arme. Der Mann mit der Mappe, ich kenn den Text, „sind sie gegen Folter im Iran?“ Nun, ja, ich bin gegen Folter im Iran und auch sonstwo, aber auch gegen obskure Oppositionsgruppen, wie die nicht ganz ohne Grund vom Verfassungsschutz beobachteten Volksmudjahedin, die sich hinter den Mappenträgern in der ganzen Stadt verbergen. Gott sei Dank kann ich ein paar Brocken Persisch, mamnun wechoda hafez, und damit wäre auch er schon abgeschüttelt.

Doch da, noch vor dem U-Bahn-Schacht kommt die nächste junge Dame auf mich zugestürmt. Ich bin müde, ergebe mich meinem Schicksal. Sie gibt mir einen bunten Zettel und eine unbeschriftete kleine rote Tüte. Da ist irgendwas Komisches drin. Ich bin misstrauisch, mürrisch. Was ist das? Die Dame lächelt und blickt mich fragend an. „Das RBB-Berlinale-Programm. Und Süßigkeiten“. „Aha“ sage ich. RBB. Ist ja nicht so schlimm. Ich schiebe mir die Gummibärchen in den Mund und verschwinde in der U-Bahn. Für heute bin ich den Berlinalefängern entkommen, und ich freue mich richtig als einer mir die Motz verkaufen will. Da weiß man wenigstens was man hat!


Kommentare ( 1 )

Wenn ich mal Zeit habe, werde ich die Scientology-Leute in den Irrsinn treiben. Eine Mischung aus bizarren Statements und endlosen Warum-Fragen hat schon so manchen Telefonmarketing-Menschen nachhaltig verwirrt.

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