"Zu Fuß nach Santiago" von Bruno Moll

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Das musste ja kommen. Ein Film über den Jacobsweg. Folgerichtig begrüßt der Kinosaalchef das erste volle Kino, das ich auf dem Festival erlebe, mit den Worten: „Wir haben ja alle unseren Kerkeling gelesen...“
Was ist das nur, dass all die Promis und Normalos in den letzten Jahren auf den Jacobsweg schickt? Vielleicht die Mischung, die auch einer der Weggefährten von Roman Weishaupt beschreibt: 1/3 Abenteuerlust, 1/3 sportliche Herausforderung und 1/3 Selbstsuche. Ich würde sagen, es sind eher Fünftel nicht Drittel. Die zwei anderen Fünftel sind zum einen das Massenphänomen Jacobsweg, befeuert durch inzwischen sicher 20 Bücher und ein letztes Fünftel ist romantische Sehnsucht nach Religion oder auch der diffuse Wunsch, an etwas zu Glauben......

In dieser Hinsicht liegt der Film zwar im Trend, aber er schafft es trotzdem, nicht nur subjektives Wandertagebuch eines Schweizer Uniabsolventen ohne Job zu sein und vermeidet es zugleich die 2300 Kilometer, die Roman Weishaupt von Graubünden bis nach Finisterre läuft, spirituell oder religiös aufzuladen. Im Gegenteil: man hat den Eindruck, dass gerade die Esoterik oder auch Christen Heinis, die Roman auf seiner Reise trifft, nur reden, aber nicht spüren, worum es geht. Oder es einfach nicht sagen können. Vielleicht bis auf die eine Frau in Frankreich, die für all die Pilger ihr Haus öffnet, ihr Essen mit ihnen teilt und das Evangelium auf den Satz reduziert, den sie auch lebt: anderen geben und mit anderen teilen. Den Tisch und auch den Glauben.

Roman Weishaupt beschreibt dann auch, wie nervig und anstrengend es für ihn nach einem Tag des Laufens und Sich-Verlierens ist, in einem Pilgerhostel über Religion zu debattieren und die eigentliche Erfahrung des Wegs auf verbalisier und erklärbare Fakten zu reduzieren. Und da wird der Film eben doch spirituell. Auf angenehm undogmatische Art und Weise. Jeder geht zwar einen Weg, den schon hunderttausende vor ihm gingen und ab der spanischen Grenze wird es zunehmend voll, aber jeder geht eben doch seinen eigenen Weg und hat seine eigenen Begegnungen: mit sich und mit anderen. Und das ist es dann auch schon. Was man daraus macht, bleibt jedem selbst überlassen. Man ist Roman Weishaupt 90 Minuten über Berge und Straßen, durch Regen und Hitze, durch topfebene Weiten und enge Täler, entlang Felder und Schnellstraßen gefolgt und er hat mit seinen Kommentaren und Krisen die Distanz, wenn auch natürlich reduziert, ein wenig erfahrbar macht.

Und so kann man fast glauben, dass die Entscheidung, loszugehen und dann der Weg die Leute bewegt, ob Promi oder nicht, dass dort wirklich jeder etwas findet (wenn er denn sucht). Vielleicht haben fast alle irgendwann diesen Moment, dass es still wird um einen und der Blick sich zugleich nach Innen auf das Empfinden und nach Außen in die wundervolle Landschaft richtet. Das ist es dann. Ein solcher Augenblick mag auf dem Jacobsweg gelingen oder misslingen oder auf einer Wanderung von Dortmund nach Schalke. Aber Losgehen muss man eben (lieber Gerald A.).

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