Überkitsch in Lederslips

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“300“ von Zack Snyder (Wettbewerb a.K.)

Es begab sich im Jahr 480 v. Chr. an den Thermopylen einem Engpass zwischen dem Meer und den Trachinischen Felsen in Mittelgriechenland: Im griechischen Bündnis war es zu schweren Zerwürfnissen gekommen, wie man sich gegen die vorrückenden Truppen des mächtigen Perserkönigs Xerxes I verteidigen solle ... blah, blah, blah ... Das ist alles völlig wurscht. Wer es genau wissen will, soll sein Geschichtsbuch aus der 7. oder 8. Klasse rauskramen. Also: Leonidas ist so’n richtiger Spartaner, ein echt harter Knochen und der Xerxes kommt da irgendwo aus Asien daher und will Stress machen. Das geht natürlich gar nicht, weil erstens ist er ein Barbar und überhaupt. Leonidas denkt sich also eine ganz listigen Plan aus, um Xerxes’ Übermacht an dem Engpass gepflegt wegzumetzeln. Über die Schlacht hat Frank Miller einen Comic gezeichnet und Zack Snyder hat aus dem Comic einen Film gemacht.

Wie gesagt, Leonidas ist ein richtiger Mann nicht so ein Weicheikönig mit Krone und Thron, sondern ein richtiger Kämpfer. Wie alle Spartanerkrieger trägt er einen roten Umhang so lässig über die Schulter gelegt, dass man seine tollen Bizeps und seine Super-Bauchmuskeln sehen kann. Erstaunlicherweise sind die Spartaner ansonsten nur mit sexy Lederslips und Sandalen bekleidet. Deshalb kichern die beiden jungen Damen hinter mir wohl auch ständig ganz wuschig. Das Kichern hört allerdings auf, als die ersten abgetrennten Körperteile durch die Gegend fliegen. Wozu ein bisschen Filmgewalt doch gut sein kann. Überhaupt ist viel lustiger, dass die Schauspieler sprechen, als seien sie ein Ensemble der Royal Shakespeare Company nach dem achten Pint.

Xerxes dagegen ist eine circa 2 Meter 10 große Tunte mit einem Faible für Piercings und einer ganz tiefen Stimme. Mächtig ist er schon, denn er hat eine riesige Flotte und ein Megaheer aus Persien mitgebracht. Herodot phantasiert von fünf Millionen, die im Film wie drei Fantastilliarden aussehen und in Wirklichkeit wohl etwa 170.000 Mann gewesen sind. Auch egal, Zack Snyder kann so jedenfalls sehr schöne Schlachtenbilder auf die Leinwand zaubern. Anders als in „Sin City“ sind die Figuren nicht verfremdet, sondern real gefilmt. Grandios ist das Panorama drum herum. Snyder muss sich sehr viele Hieronymus Bosch-Gemälde angesehen haben, seine Produktionsfirma heißt nicht umsonst „Cruel and Unusual Films“. Wenn die Spartaner zum Beispiel die Leichen der Feinde zu einer meterhohen Mauer aufschichten, ist das sehr eindrucksvoll.

Optisch reizvoll ist auch, dass die Perser ein Mutantenheer mitgebracht haben. 3-Meter-Riesen und andere Freaks, die fürchterlich entstellt sind und brüllend auf die Spartaner eindreschen. Zum Glück kann man sie relativ leicht mit der Lanze durchstechen oder mit dem Schwert in Stücke hauen. Hinzu kommen ein dinosaurerartiges Nashorn und Riesenelefanten, die für Unterhaltung auf dem Schlachtfeld sorgen, aber an dem Engpass relativ nutzlos sind und prompt wie so viele andere Feinde in die heißen Quellen hinabstürzen.

Das größte Problem der Spartaner ist, dass sie nur 300 sind und die arkadischen Hilfstruppen in ihren sado-maso-mäßigen Lederoutfits nicht besonders gut kämpfen können. Trotzdem mähen sie die immer wieder anstürmenden Persertruppen sehr einfallsreich nieder. Denn genau darum geht es in dem Film: Was kann man mit einer Lanze oder einem Schwert anfangen, um den Gegner möglichst ohne Umweg in die ewigen Jagdgründe zu befördern? Das Blut fließt und spritzt dabei aufgrund der dunkel-erdigen Farbästhetik in für das Auge angenehm zurückgenommenem rostrot. Dazu dröhnt ein wahlweise wagnerianischer, metallicaesker oder vangelisianischer Soundtrack, über den Leonidas ab und zu irgendetwas von Ehre und Vaterland brüllt. Mehr Kitsch geht nicht.

Alles was es noch an Handlung gibt, ist zu vernachlässigen. Die Intrigen der Politiker in Sparta, die keine Verstärkung schicken wollen, weil irgendwelche dusseligen Götter dagegen sind, gibt immerhin Leonidas’ Frau Gorgo die Gelegenheit zu zeigen, dass auch spartanische Frauen nicht ohne sind: Mit flammenden Worten ruft sie den Rat an, zusätzliche Truppen zu schicken und verschafft dann dem Verräter Theron eine sehr gesundheitsschädliche Begegnung mit ihrem Schwert. Am Ende fallen Leonidas und seine 300 aufgrund des Verrats des Ephialtes, der den Geheimfad im Rücken der Spartaner dem Feind preisgibt. Aber sie fallen natürlich in Erde und Würde und belohnt mit dem ewigen Ruhm der Geschichte.

Und jetzt? Wer ruft als erster das böse F-Wort? Ist das nicht total faschistisch, gewaltverherrlichend, fremdenfeindlich, jugendverrohend ... blah-blah-blah ... Wer den Film ernst nimmt, ist selbst Schuld. Im „International“ ham wir uns amüsiert wie Bolle.

Díc hospés Spartae nos té hic vidísse iacéntes, dúm sanctís patriae légibus óbsequimúr.

Kommentare ( 4 )

..natuerlich musste man diese Perser-Geschichte gerade jetzt wiederbeleben, das alte heldenhafte Europa, zumal die Griechen, in Opposition zu den dumpfen Perser-Mutanten, hach goettlich so ein wenig Abstumpfung für den nächsten Krieg, das Kino hat wieder seine gehabte Funktion, stets die jeweils Maechtigen zu affirmieren.

Töffe, du alter Splatter-Fetischist!

Diese Kritik trifft den Nagel auf den Kopf.
Ein Film der wahnsinnig viel Spass macht und kein Lehrstück in Geschichte, Erzählkunst, oder Hollywoodkorekter Art sein soll.
Also Flasche auf, Kopf zu, rein damit, denn denken kann man auf der Arbeit.

Na ja aus der damaligen sicht is es eher so das wenige Leute wiedersand gegen den Imperialen Faschischmus einner Damalige Supermacht wie Persien geleistet haben.Es hatte fuer die griechen keinne Bedeutung ob der Eroberer aus dem Osten oder aus dem Westen kommt.Nur die Lieben Amis haben das alles mehr fuer sich ausnutzen wollen!!!Und von Muttanten spricht keinner der Altgriechischen Historiker...fuer mich war das eher einne Comix verfilmung die sehr hilfreich ist fuer die zukuenftige plaenne manche Leute.
LG
Leonidas E.
Thessaloniki GR

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Titel

Orignaltitel

300

Credits

Regisseur

Zack Snyder

Schauspieler

Gerard Butler

Lena Headey

Rodrigo Santoro

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2006

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