Pressekonferenz zu "Yella" von Christian Petzold

Die Pressekonferenzen von Christian Petzold sind etwas besonderes. Sie haben Substanz und man hat das Gefühl, Journalisten, Regisseur und Schauspieler teilen eine gemeinsame Erfahrung, die sie bewegt. Im folgenden einige Kommentare von Christian Petzold zu seinem Film. Diejenigen, die den Film noch nicht gesehen haben, seien gewarnt! In den Kommentaren sind „Spoiler“, die das wichtige Ende des Films vorweg nehmen!

Zum Einfluss der Geschichte „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ von Ambrose Bierce auf „Yella“

Ich habe schon immer ein großes Interesse an Gruselstoffen gehabt. Es gibt da auch Spuren von Ernst Bloch, bei dem es ja eine ganze Geschichte zu Gespenster und Gestalten gibt. Die Geschichte „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ war der Auslöser zu „Yella“. Es ist ist eine Novelle von 5-6 Seiten und spielt im amerikanischen Bürgerkrieg. An der Old Greek Bridge soll ein Mann gehängt werden. Doch das Seil reißt. Der Verurteilte fällt in den Fluss und möchte nun aus diesem Land heraus, das eine einzige Kriegszone ist. Als er nach einer bizarren Reise sein Zuhause erreicht und seine Frau ihn entdeckt, spürt er plötzlich einen Schmerz in seinem Nacken und man sieht ihn hängen. Was bedeutet, dass all das, was wir gelesen haben, nicht das gelebte Leben ist. das an ihm vorüberzieht, sondern das noch nicht gelebte Leben, der Wunschtraum.

Zu den satten Farben in „Yella“

Man sagt ja Gespenster haben keine Farben, sind entsättigt. Ich finde aber gerade das ungeheure Rot der Bluse und das saftige Grün der Elbauen haben genauso viel Gespenstisches an sich.

Zeigt „Yella“ eine pessimistische Haltung zu dem neuen Deutschland?

Wir haben während der deutschen Weltmeisterschaft gedreht und am Bahnhof in Hannover wurde man bereits von der „FIFA-Weltmeisterstadt Hannover“ empfangen. Alles war in enthusiastischer Auffuhr und vielleicht wollten wir dem auch etwas entgegensetzen. Es ging aber nicht nur um die Gegend um Wittenberge oder um all die Gegenden, wo es keine Arbeit mehr gibt. Es ging überhaupt um die Flexibilisierung des Kapitals und gleichzeitig die Träume , die uns bewegen, die viel starrer und älter sind. Dieser Zusammenhang betrifft nicht nur Deutschland, sondern auch Schanghai, Afrika und Argentinien.

Über das Ende von Yella.

Wir konnten kein anderes Ende von „Yella“ finden. Das ist ja in der ganzen Architektur der Geschichte angelegt. Wir haben nur diskutiert, wie wir das Ende erzählen. Wollen wir den überraschenden Rücksturz von „Yella“ in die Realebene mit den Effekten des Mainstreamkinos erzählen? Dann wurde uns klar, dass es nur der Schlag des Unterbodenschutzes auf das Kopfsteinpflaster sein kann. Ich habe noch nie einen Unfall gesehen, immer nur gehört, denn wenn man hinschaut, ist alles schon passiert.

Zur Musik des Films

Ich arbeite schon seit zehn Jahren mit demselben Team und auch mit demselben Filmkomponisten zusammen. Eigentlich wollte ich die Musik zu den Dreharbeiten einspielen, weil ich es nicht mag, wenn man die Musik später drauflegt. Wenn also Nina auf ein Hotel zugeht, sollte sie über Lautsprecher den Score hören, damit sich auch ihr Körper mit der Musik in Einklang befindet. Das hörte sich in der Theorie gut an, aber wir haben das nicht hingekriegt. Die Musik flog dann also raus.

Die Mondscheinsonate haben wir eigentlich für eine Warteschleife der Deutschen Bahn komponieren lassen. Wenn Yella im Hotel die Bahnauskunft anruft und immer wieder aus der Leitung geworfen wird, sollte man die Mondscheinsonate hören. Dann haben wir Nina diese Musik in das Telefon eingespielt und gemerkt, dass sich ihr Spiel durch die Musik verändert. Da dachte ich, so banal ist die Mondscheinsonate gar nicht. Man hat sie schon 1000mal gehört, aber sie ist ein Teil unserer Hotelwelten. So taucht die Musik in dem Film nicht als Score auf sondern als Teil dieses Hotelkomplexes.

Kommentare ( 3 )

"...so banal ist die Mondscheinsonate gar nicht."?
Spinnt der n bisschen?

Film ist beeindruckend, mußte aber, ehrlich gesagt, hinterher nachlesen, um das gesehene richtig zu verstehen.
Aber eine andere Frage: Was für eine Version von "Road to Cairo" wurde in dem Film gespielt? Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

Es war glaube ich die Version von Julie Driscoll, zu sehen auf Youtube

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