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"Aju teukbyeolhan sonnim" ("Ad Lib Night") von Lee Yoon-ki (Forum)

Wenn der Vater oder die Mutter im Sterben liegen und Tochter oder Sohn lange verschollen sind, dann wünschen sich nicht nur die Eltern sondern auch Verwandte und Freunde, das verlorene Kind möge noch einmal nach Hause zurückkehren. Zwei junge Männer suchen bereits seit einem Monat nach der Tochter eines im Sterben Liegenden. Seit zehn Jahren ist sie verschollen. Plötzlich, auf einem Platz mitten in Seoul, glauben sie die Tochter zu erkennen.

Doch sie werden enttäuscht. Da ihnen aber die Zeit davonläuft, schlagen sie dem Mädchen vor, nur für einen kurzen Moment gegenüber dem Sterbenden die Tochter zu spielen. Aus ungeklärten Motiven ist das geheimnisvolle und schweigsame Mädchen einverstanden. Es fährt mit den Beiden aufs Land in das Haus ihres unbekannten „Vaters“. Hier haben sich Nachbarn und Verwandte versammelt. Ihnen scheint es vor allem um das Geld des Sterbenden zu gehen. Obwohl das Mädchen eigentlich die Hauptfigur in dem „Spiel“ sein sollte, wird sie zur unbeteiligten Beobachterin von Missgunst und gespielter Trauer. Während die Anderen mit vielen Worten ihre alten Konflikte ausfechten, sagt das Mädchen nur wenig. In ihre Schweigsamkeit wirkt sie wie ein Fremdkörper, wie ein Stück Wahrhaftigkeit und ehrliches Gefühl. Sie spielt eine Rolle, die nicht Ihre ist, aber dennoch ist sie die Einzige, welche die Bedeutung der Situation erkennt.

Wie in „This charming Girl” hat auch „Ad lib night“ viele schöne Momente, in denen die Kamera sich weigert, woanders hinzusehen oder sich einem schnellen Schnitt unterzuordnen. Sie verweilt.
„Ad lib night“ fehlt allerdings die Stimmigkeit und Konsequenz des Debutfilms von Lee Yoon-ki. Ein Grund dafür könnte die mit 10 Tagen für einen 100 minütigen Langfilm nur sehr knapp bemessende Drehzeit gewesen sein. Des Weiteren wollte der Regisseur bewusst nicht eine einzelne Figur in den Vordergrund rücken, sondern die Beziehungen zwischen mehreren Charakteren beleuchten. So gerät dann zur Mitte des Films das Wohnzimmer im Haus des Sterbenden zu einer Theaterbühne auf der sich Nachbarn und Verwandten gegenseitig beschuldigen. Doch die Zeit reicht gerade dafür, die Motive dieser Charaktere im Ansatz herauszuarbeiten und es fragt sich, ob die Konzentration auf 3-4 statt auf 8-10 Charaktere dem Film nicht gut getan hätte. Insgesamt ist „Ad lib night“ trotz einiger Ecken und Kanten ein wohltuend unspektakulärer Film, der die Geschichte seiner Hauptfigur überzeigend erzählt. Außerdem zeigt der in HD aufgenommene Film, dass Erzähl- und Einfühlungsvermögen einen guten Film auszeichnen und nicht das Budget.

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Titel

Orignaltitel

Aju teukbyeolhan sonnim

Englischer Titel

Ad Lib Night

Credits

Regisseur

Lee Yoon-ki

Schauspieler

Han Hyo-joo

Choi Ill-hwa

Kim Joong-ki

Kim Young-min

Land

Flagge Republik KoreaRepublik Korea

Jahr

2006

Dauer

99 min.

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