Eine Kirche ist eine Kirche ist eine Kirche...

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"In Memoria di me" von Saverio Costanzo (Wettbewerb)

Es wird im ganzen Film sehr bedächtig und sehr viel durch die langen Gänge des Priesterkonvents geschritten, in dem der ganze Film spielt. Außerdem wird viel geschwiegen, es finden etwa fünf Berührungen statt und alle reden wie eine Mischung aus Philosophen und Paul Coelho Leser – wenn sie reden, denn sehr viel passiert (offenbar) im Kopf der Figuren und dann in ihren Gesichtern.
Ein Besucher sagte nach dem Film, innere Monologe auf Leinwand abzubilden, ist immer langweilig. Langweilig trifft es nicht – dem Film fehlt es an Tiefe, obwohl er von den ganz großen Fragen des Lebens handelt...

Der Inhalt: Andrea will Priester werden, geht in ein Priesterseminar auf einer Insel in der Lagune von Venedig, das in einem alten Kloster untergebracht ist. Von Anfang an blicken sich einige seiner Mitbrüder an, als wüssten sie mehr als Andrea, oder müssten etwas verheimlichen, dann ist da einer, der aufgibt und nachts das Kloster verlässt, nachdem er ein Referat über einen Bibelvers nicht hinbekommt. Andrea und auch die Handlungen der anderen werden nicht mal im Ansatz erklärt, sondern es geht offenbar darum, dass wir versuchen, zu verstehen, was vor sich geht.

Andreas Glaube wird gespeist durch seinen Intellekt und seinen Willen. Deshalb unterstüzt ihn auch der Abt des Klosters (klasse gespielt von dem deutschen SchauspielerAndré Hennicke), der ein Prototyp für den geistigen Anspruch der Religion ist. Wie überhaupt alle Brüder eine bestimmtes Konzept eine bestimmten Charakter symbolisieren – und wenig mehr Facetten als diese eine haben. Sein Mitbruder und religiöses Gegenkonzept Zanna findet seinen Glauben im Gegensatz zu Andrea durch das Gefühl und „die Liebe zu Gott“ - nicht durch den Intellekt. Er meint am Ende, Gott auch da draußen finden zu können, in der Welt, die man hinter den vergitterten Fenstern des Klosters manchmal sieht oder hört (wie den Yachthafen auf Alcatraz). Er beschließt nach einigen zermürbenden Nächten, das Kloster zu verlassen. Warum genau, erfahren wir nicht. Dann gibt es da noch die Krankenstation, auf der jemand stirbt, den wir nur wie ein Gespenst zwei Mal im Gegenlicht zu sehen bekommen und an dessen Bett Zanna die Nächte durchwacht, um seine Liebe zu zeigen. Genau diese Fähigkeit fehlt Andrea und so entschließt auch er sich, das Kloster zu verlassen. Bleibt aber dann doch. Warum, ist eigentlich egal. Wir erfahren es auch nicht.

Um den Weg bis zu der Entscheidung zu erzählen, braucht der Film satte zwei Stunden. Als Studie über die Zweifel eines Seminaristen ist das zu viel und die verrätselten Gespräche, das Gespenst auf der Krankenstation und die undurchsichtigen Mitbrüder tragen auch nicht gerade dazu bei, Spannung oder zumindest Interesse zu wecken, oder an Andreas Zweifeln mitzuleiden. Obwohl es um die ganz großen Fragen im Leben geht - wer bist Du, wo kommst du her? - war es mir aufgrund der stereotypen Figuren und weil die Hauptfigur Andrea zwar sehr viel rumlatscht, aber wenig von sich Preis gibt, herzlich Wurscht, ob er seinen Glauben behält oder findet, ob er im Seminar bleibt oder ob er geht.
„Die Große Stille“, ein Dokumentarfilm über eine Karthause in Frankreich, der letztes Jahr großen Erfolg hatte, traut sich drei Stunden lang nur Stille und Schweigen und Klosterroutine zu zeigen und man schaut gebannt zu, wird Teil der Meditation, die der Film ist. Und obwohl es in bei diesem Film überhaupt keinen Konflikt gibt, weil keiner der Mönche zweifelt oder mit sich ringt und die großen Lebensfragen aufwirft, ist „Die große Stille“ tiefer gehender und aufschlussreicher, was das Leben im Kloster bedeutet. „In Memoria di me“ ist ein etwas zu konzeptioneller und bemühter Film über den Kampf zwischen Verstand, Herz und Seele um den richtigen Weg im Leben – aber dafür brauchen die Figuren Leben und düfen nicht nur Träger von bestimmten Konzepten sein.

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Titel

Orignaltitel

In memoria di me

Englischer Titel

In Memory of Myself

Credits

Regisseur

Saverio Costanzo

Schauspieler

Marco Baliani

André Hennicke

Land

Flagge ItalienItalien

Jahr

2007

Dauer

115 min.

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