Berlin Wrong - Best of Berlin Klischees

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"Berlin Song" von Uli M. Schueppel (Panorama)

Wieviele Berlin-Klischees passen eigentlich in einen Film? Berlin Song beweist: jede Menge! Die Freude über das eigentlich reizvolle Thema, junge Singer-Songwriter aus der Neo-Folk-Szene in Berlin, vergeht dem geneigten Zuschauer recht zügig. Deren Musik steht nämlich kaum im Vordergrund, ganz im Gegensatz zu den Eitelkeiten der Twens, die in Neukölln abhängen.

Junge Musiker aus den USA auf Selbstfindungstrip rennen wichtigtuerisch durchs ach so kreative Berlin – etwas dünn für einen Film, sollte man meinen. Aber richtig nervig wird der Film erst durch die gestelzte Attitüde des Machers: Alles wird kunstfilmmäßig in Schwarz-Weiß abgefilmt, die jungen Menschen auch gern mal in heroischer Pose von unten aufgenommen, während sie mit versonnen Blick am Landwehrkanal entlang laufen und sich durch Haar streichen: Berlin is SO cool. Berlin is SO diverse. Und wir sind alle SO kreativ. Kein Klischee bleibt aus, sogar sexy soll Berlin sein, haben sie von Wowi gehört. Ist das ein Werbefilm, um US-Teenager aus gutem Hause nach Berlin zu locken, die ein paar Jahre zu spät gemerkt haben, dass der inszenierte Berlin-Hype nur noch peinlich ist?

Wenn im Film mal ein schöner Song anklingt, bricht die Szene garantiert bald wieder ab, damit wieder sinnfrei rumgesülzt werden kann. Sensationell, wie wenig diese Typen zu sagen haben. Die Kids wohnen drei Jahre in der Stadt, doch sie reden wie astreine Berlin-Veteranen: „Mann, Friedrichshain war echt total anders vor drei Jahren...“ Hallo? Reichen denn nicht schon die in Berlin gern zitierten Blut-und-Boden-Geschichten über die „frühen Neunziger am Prenzlauer Berg“?

Aber diese Amikids schießen wirklich den Vogel ab. Da ist die junge Joni Mitchell, die zu Selbsterfahrungszwecken auch mal mit Augenbinde aus dem Haus latscht. Und Nathan, der mit seinem Banjo am Landwehrkanal auf und ab läuft und sein Lied „Victoria“ singt - über die Victoria auf dem Brandenburger Tor, klar, ein echt kritischer Song, bei dem sich Nathan mordsmäßig viel gedacht hat. Deshalb kann er auch stundenlang über sein Liedchen schwadronieren. Faszinierend, junge Leute, die gerade ihre Instrumente entdecken und ganz am Anfang stehen - keine Ahnung von was - reden über sich selbst wie die ganz Großen. Sie scheinen es auch irgendwie normal zu finden, dass ein Film über sie gedreht wird. Dabei bleibt es bis zum Schluss ein Rätsel, wie das kam. Und noch ein Rätsel bleibt: warum wurde dieser Film fürs Panorama ausgewählt? Aber so haben wir etwas bis zur nächsten Berlinale, über das wir nachdenken können.

Kommentare ( 4 )

Hattest Du nen Hals, Dude.

das ist ja auch wirklich gemein, über diese Gruenschnaebel und Ami-Schnoesel wird ein Film gedreht und WIR?

"Warum wurde dieser Film fürs Panorama ausgewählt?"

"Das zeigt sich auch in BerlinSong, einem Dokumentarfilm von Uli M. Schueppel. Aus der ganzen Welt kommen Leute nach Berlin, zum Teil aus den gleichen Gründen wie früher, aber es sind doch andere Menschen als in den 80er Jahren. Nicht laut und bunt, eher freundlich und nachdenklich. Aber auch sie suchen eine Alternative zum Konsumzwang und zu Status-Symbolen. Das sind starke Elemente dieses Jahr: Alternativkultur, wieder politisch besetzt im bewussten Gegensatz zu dem, was die Jugendkultur heute auszumachen scheint: Individualistisch auftreten, aber Massenmensch sein." (Wieland Speck)

Und dem kann ich zustimmen (und ich habe den Film gesehen!). Was der Rezension zu entnehmen ist, und das finde ich beängstigend, ist doch die eigene Angst des Autors, irgendwo nicht dazu zugehören, etwas nicht erlebt zu haben, keine positiven erfahrungen gemacht zu haben.

Wie inszeniere ich einen Dokumentarfilm...

...bei Berlin Song kann man es lernen.

Ist man anfangs noch interessiert an den (anscheinend so verschiedenen) Charakteren der Musiker, so merkt man spätestens nach der ersten halben Stunde, dass sich Regisseur und Protagonisten in einem gefakten Dokumentarfilm bewegen.
Man möchte fast sagen eine "mocumentary", denn der Zuschauer wird das Gefühl nicht los, dass hier mehr inszeniert als wirklich erlebt wurde.

Die teilweise langatmigen Monologe der jungen Musiker scheinen oft einstudiert, sinnfrei und ohne Tiefgang.

Selbstverloren wandert der coole Norweger Einar durch die Strassen Kreuzbergs und philosophiert über Bowie und Iggy Pop und ist doch einer von vielen...in Berlin.
Ob da jetzt "Hänschen Z. Trompete" gestanden hätte oder einer der sechs (?) Künstler, sie hätten nicht beliebiger gewählt worden sein.

Das Hauptproblem des Films, niemand weiß so recht wie die Leute zusammen gefunden haben, was ihre Freundschaft zueinander ausmacht...bis es einer der Protagonisten verrät: "Uli hat mich gebeten einen Song für Berlin Song zu schreiben...".
Und jetzt wird klar, wie die angeblich so kreativen und einfachen Musiker aus "aller Welt" sich in Berlin zusammen gefunden haben!

Der Regisseur sucht sich internationale Künstler und veranstaltet mit ihnen einen Konzertabend. Dann packt er noch dicke das Berlinlogo dem Zuschauer aufs Auge, schiebt nen paar Demo-Songs aus einem rantzigen Studio nach, engagiert zwei Regie-Assis, die gleichzeitig noch die Rollen der angeblichen Konzertmanager übernehemen...und tataaata!

Schon haben wir den gefakten Dokufilm oder auch einfach nur eine lahme Inszenierung!

Warum der Film im Panorama lief?
Gute frage, nächste Frage!
Warum der Film der Berlinale nicht zu gestellt war für einen Dokumentarfilm?
Das weiß wohl nur die Nase, die das verantwortet hat!
Ob das was damit zu tun hat, dass sich Uli M. Schueppel schon mit dem Berlinale Trailer beim eingestammmten Team beliebt gemacht hat?
Who knows?

Letztlich hätte man diesem Film wohl die Andy Warhol Doku vorziehen sollen, 4 Stunden Weißhaar-Perücke war bestimmt dokumentarischer als dieses Musical!

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Titel

Orignaltitel

BerlinSong

Credits

Regisseur

Uli M. Schueppel

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Jahr

2000

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