"Babel" von González Jnárritu Acaba

"Babel" ist ein faszinierender Film, der beim Zuschauer noch lange nachwirkt. Als Abschluss seiner Trilogie über Liebe und Schmerz (die mit "Amores Perroes" und "21 Gramms" begonnen wurde) beschäftigt sich Gonzáles Jnárritu Acaba auch in seinem neuen Film mit menschlichen Grundfragen. Vor dem Hintergrund von Terrorismusangst und Globalisierung führt er den Zuschauer auf einer beklemmenden, weltumspanneden Reise durch unterschiedliche Länder und verschiedene Sprachen.

Es geht, wie schon der Titel vermuten lässt, um die Unfähigkeit zu echter
Kommunikation und um die Unterschiede und das Trennende zwischen den Menschen. Acaba fragt nach dem Urspung von Identität und nach den Ursachen von "Anderssein". Dabei verfolgt er konsequent die These, dass nicht etwa die Freude als universell gleich erlebte Emotion die Menschen verbindet, sondern dass nur Schmerz und Trauer über alle Grenzen von Sprache, Kultur und Politik als verbindendes Element die Menschen zu wirklicher Verständigung befähigen können.
Interessant ist bereits die Besetzungsliste des Film, in der echte Stars wie Brad Pitt, Cate Blanchett und Gael Garciá Bernal gleichberechtigt neben marokkanischen Laiendarstellern agieren. Ein Konzept, das hier keine Alibifunktion hat, sondern tatsächlich funktioniert.
Erzählt werden vier unterschiedliche Geschichten aus den USA, aus Japan, aus Marokko und aus Mexiko. In jeder einzelnen Episode geht es um die komplexen Beziehungsstrukturen innerhalb von Familien und um das Misslingen bzw. Gelingen von Kommunikation. Die Faszination der einzelnen Handlungsstränge entfaltet sich dabei nach und nach, immer wieder durchbrochen von überraschenden Rückblenden, Schnitten und verschobenen Zeitebenen. So wird auch erst allmälich klar, auf welche Weise die einzelnen Geschichten, die zunächst scheinbar beziehungslos nebeneinander stehen, verbunden sind:
Ein amerikanisches Ehepaar unternimmt eine Busreise durch Marokko, um dort über den plötzlichen Tod eines ihres Kindes hinwegzukommen. Ohne mit der Umwelt in Kontakt zu treten, werden die amerikanischen Touristen mit ihrem Bus durch ein Land gefahren, dass ihnen fremd bleibt und vor dessen Bewohner sie sich fürchten.
In einer marokkanische Hirtenfamilie konkurrieren die beiden halbwüchsigen Söhne um die Gunst des Vaters. Dieser hat seinem Nachbarn ein Gewehr abgekauft, um damit die Ziegenherde vor Raubtieren zu schützen. Statt mit dem neuen Gewehr auf die Herde aufzupassen, veranstalten die Söhne ein heimliches Wettschiessen, bei dem sie die Reichweite des Gewehrs testen wollen.
Das mexikanische Kindermädchen des amerikanischen Ehepaars lebt illegal in den USA und möchte gerne zu einer Hochzeit über die Grenze nach Mexiko. Da sie niemanden findet, der auf die Kinder aufpassen kann, nimmt sie die beiden als Notlösung mit zur Feier. Auf der Rückfahrt gerät ihr angetrunkener Sohn in Konflikt mit den Grenzpolizei. Nach einer wilden Flucht über die Grenze lässt er seine Mutter mit den Kindern in der Wüste zurück.
In einer japanischen Grossstadt kommt eine taubstumme Jugendliche nicht darüber hinweg, dass sich ihre Mutter umgebracht hat. Das Mädchen lebt allein mit dem Vater zusammen und leidet unter Einsamkeit und Isolation. Als Ausweg versucht sie verzweifelt, durch Drogen und sexuelle Abenteuer die Aufmerksamkeit der "normalen" Menschen zu erregen und akzeptiert zu werden.
Wie ein alttestamentrischer Gott verknüpft Acaba mit Hilfe des Zufalls das Leben all dieser Personen miteinander und lässt jeden Einzelnen in existentielle Grenzsituationen geraten. Der Film macht deutlich, dass nicht nur unterschiedliche Sprachen, Kulturen und politische Systeme die Menschen voneinander trennen, sondern dass die unsichtbaren Grenzen auch mitten durch einzelne Familien verlaufen. Dass es den Charakteren aber trotz aller Unterschiede, Repressionen und Ängste auch gelingen kann, über sich hinauszuwachsen und Solidarität mit anderen zu entwickeln, ist die versöhnliche Botschaft von "Babel". Für mich das Highlight des bisherigen Festivals und einer der beeindruckensten Filme seit langem.

Kommentare ( 2 )

schöner Text, bin gespannt auf den Film. 21 Grams habe ich geliebt und die Kombi Stars / Laien find ich eine grandiose Idee.

Klingt spannend, dieser Film. Ich koennte mir vorstellen, dass der Regisseur dem Genre Miteinander-verwobene-Episoden-Pastiche neue und gluecklicherweise schwer verdauliche Impulse gibt. Amores Perros hatte eine ganz eigene Handschrift, genauso wie 21 Grams. Danke fuer den Tipp - und liebe Gruesse aus dem Land ohne Umlaute;-))

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Titel

Orignaltitel

Babel

Credits

Regisseur

Alejandro González Iñárritu

Schauspieler

Gael García Bernal

Cate Blanchett

Brad Pitt

Koji Yakusho

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten