17.02.06

Wettbewerb: "Offside" von Jafar Panahi (I)

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Männerfussball ist Frauenfussball ist Völkerball

Dann bin ich ihn doch noch losgeworden: Den schwarz rot goldenen Kugleschreiber mit dem einem Fussball als Druckknopf, den wir letztes Jahr im Iran mithatten (dazu Mützen, Magneten, den ganz Fanquatsch). Als Gastgeschenke und Propagandamaßnahme für die WM. Denn die Iraner lieben Fussball, lieben Deutschland (Ja! Wirklich!) schauen via Satelit sogar Bundesliga (obwohl ihnen die 1 Liga in Italien, England und Spanien besser gefällt). Überreicht bekam diesen dollen Kugelschreiber der Tonmeister des Films "Offside", weil ich außer einem "Danke für den Film" gerade nichts parat hatte.

Das Setting von "Offside" ist das Spiel Iran gegen Bahrain, bei dem sich die Iraner im letzen Jahr für die WM bei uns qualifiziert haben. Vom Spiel selbst sieht man aber nur einige Sekunden, einmal kurz in Stadion und einmal auf einem Fernseher. Der Rest dreht sich um eine handvoll Frauen, die als Männer verkleidet ins Stadion wollten und dort aufgegriffen werden. Von 3 Soldaten bewacht, können das Spiel nur noch hören oder lassen es sich von einem der Soldaten beschreiben. In der Zwischenzeit diskutieren sie mit den Soldaten über den Irrsinn der Trennung der Geschlechter im Iran...

Wo am Anfang alle vereinzelt versuchen, ins Stadion zu gelangen, sind die Frauen so zusammengefercht schon eine kleine Gemeinschaft und die verschmilzt irgendwann auch mit ihren Bewachern und schließlich, als Iran gewinnt (was auch im Drehbuch so vorgesehen war! sonst hätten sie den Film nicht gemacht), mit der ganzen jubelnden, feiernden Masse aus Männer UND Frauen auf den Strassen Teherans.

"Offside" ist sehr humorvoll und auch spannend, obwohl man den Ausgang des Spieles ja kennt. Aber man ahnt, dass die verhafteten Frauen freikommen werden wenn, ja wenn Iran gewinnt. Es ist also am Ende eine doppelte Erlösung, als abgepfiffen wird. Danach öffnen sich die Türen des Gefangenenbus und die Insassen lösen sich in der feiernde Menge auf. Schöne Entwicklung, tolle Laiendarsteller, mutige Dialoge, gelungene Mischung aus choreographierten und improvisierten Szenen in der Menge. Richtig guter Film, auch für Nicht-Fussballfans.

Allerdings musste ich nach dem Film trotzdem mit einigen fußballerischen Totalignoranten und linksbewegten Damen die leidige Diskussion über Nationalismus und Fussball führen. Sie kritisierten, dass sich die Iraner am Ende alle feiern und ein Lied von der großen Nation Iran dazu erklingt. Sie fanden diesen "Nationalismus" ganz schrecklich: "Ich bin bei der WM für Brasilien.", meinte die eine sehr deutsche Dame. Dazu kritelten die Herrschaften in völliger Unkenntnis der Situation im Iran und im Fussball überhaupt, dass es eine "sinnlose Emanzipation" sei, wenn die Frauen ausgerechnet beim Fussball für ihre Rechte kämpfen. Was soll man da noch sagen? Da müssten wir erst ein Seminar über Frauen im Iran und dann ein Blockseminar über drei Wochenden über Fussball, Kultur und Politik abhalten, um solchen Leuten den Zusammenhang zu erläutern.

Auf der Pressekonferenz kamen die meisten Fragen logischerweise zu Zensur und Beschränkungen der Filmemacher. Und was man da so erfuhr, lässt die Enstehung von "Offside" noch couragierter erscheinen: Drehbuch nur mit Tricks durch die Zensur bekommen, kurz vor Schluss sollte der Dreh gestoppt werden. Ob er in Iran gezeigt wird, ist fraglich, weil die Behörde den Regisseur verpflichten will, erst seine alten Filme umzuschneiden und zu "säubern" bevor er den neuen zeigen kann. Das lehnt der natürlich ab. Leider hat auch keine der Darstellerinnen eine Visum bekommen.

Er würde sich über eine Goldenen Bären freuen, sagte Panahi, aber er wolle diesen Film nicht als politischen Film verstanden wissen.
"Es ist ein sozialer Film und entscheidend ist, dass er überhaupt gezeigt wird und damit die Filmkunst im Iran weitergeht.", meinte er zum Abschied.

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