Wettbewerb (außer Konkurrenz): „A new World“ von Terrence Malick

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Ein Bioapfel ersäuft in zuckersüßer, roter Bonbon-Sauce

Ok, er lässt sich Zeit zwischen seinen Filmen. Malick hat in 35 Jahren nur 5 Filme gemacht. Jeder trug ganz seine Handschrift, wie man bei der Länge der Zeit auch erwarten konnte. „Badlands“ mit Martin Sheen von 1973 ist eins der besten Road Movies ever made und „A Thin Red Line“ ein grandioser Kriegsfilm, der 1999 auf der Berlinale auch den Goldenen Bären gewann.
Und nun also „A New World“, die Pacahontas Geschichte als große Allegorie auf den amerikanischen Traum und durchaus auch auf seine Umsetzung im Heute. Der Film trägt Malicks Handschrift: einige grandiose Bilder, ist aber ansonsten zu einer gefühlsduseligen, neohippy Anklage gegen die Moderne geworden. Story: Anfang des 17. Jahrhunderts, englische Siedler gründen in Virginia Jamestown. In der Nähe...

...lebt ein Indianerstamm, von dem der Captain (Collin Farrel) entführt wird, um hernach nicht nur die Harmonie zu bewundern, mit der Natives und Natur zusammenleben, sondern sich auch in die Tochter des Königs (Q’Orianka Kilcher) zu verlieben. Der Captain muss zurück in sein Fort. Die Prinzessin rettet den Siedlern das Leben als sie ihnen im Winter Nahrung bringt, weil diese Trottel sich lieber selbst bekämpfen, außerdem zu dumm und zu faul sind, sich in der Umgebung selbst zu versorgen. Auf der guten Tat gründet Thanksgiving, immerhin wichtigstes amerikanisches Familienfest nach Weihnachten. Sie wird von ihrem Stamm verstoßen, weil sie den Siedlern Saatgut geschenkt hat, ihr Stamm die Siedler aber lieber wieder ins Meer treiben will, bevor es zu viele werden. Sie zieht zu den Weißen Wilden. Später heiratet die Indianerprinzessin einen anderen Weissen und nicht ihren Geliebten, wird vom König in England empfangen und stirbt dort auch. Mann und Kind kehren zurück, so dass viele Amerikaner sich in ihrer Herkunft heute auf jene Pacahontas berufen – die perfekte Fusion von Neuer und alter Welt.

Was sehen wir in Malicks Film? Vor allem sehen wir Bilder. Es wird wenig geredet. Wir sind Zeugen, wie ein Hippy Girl Pacahontas (natürlich züchtig mit Schurz und Brustleder, aber Barfuss und mit Blumen im Haar) und ihr Surfer-Dude El Capitain (Langhaar, gut gebaut, gerne oben ohne, Tattoos) stundenlang in Wäldern oder auf dem Feld rumstehen-laufen-hocken-liegen, selig grinsen, Händchen halten - und sonst nichts! Ich hab keinen Erotikfilm in wilder Natur erwartet, aber das hier ist wie die verdammte heilige Familie bevor Jesus kam. Und dazu fast die ganze Zeit eine Erzählstimme mit diesen Themen (eine Auswahl): Wer sind ich, wo bin wir? Warum Liebe und Natur? Warum macht Herz BummBumm? Warum Weiße böse, Indianer gut? Warum Besitz und Geld und Gold böse und Natur gut? Wichtige Themen, zugegeben, aber im Film wird daraus ein derartig debiles Psycho-Esoterik Gesülze, dass man alle fünf Minuten im Publikum jemand stöhnen oder schnaufen hört und ich schon drauf und dran bin, einen Arzt zu rufen.

Saucenhaft wird zusätzlich Musik über die zugegeben schönen, aber esellangen Natur und Wir-haben-uns-so-lieb Szenen ausgegossen, ständig starren unsere Beiden Süßen in den Sonnenuntergang, umarmen Bäume, danken der Sonne, dem Mond und so weiter.
Das Fort dagegen: alles degenierierte Bösewichte, habgierig, krank, leben im Schlamm und können nicht Mal was anbauen. Sie fressen sich gegenseitig auf und killen die Indianer. Na? Message klar?
Und so geht es munter weiter lange, seeeehr lange 136 Minuten!

Schade, ich bin Malick Fan, aber jetzt hat er aus einem Nebenstrang (Die Natur kann Deine Seele retten!) seines grandiosen „Thin Red Line“ einen Langfilm gemacht und darin alle hippyiesken, „Save the Planet und die Wale“ Anti-Moderne Ideale in eine Geschichte aus dem 17. Jahrhundert gegossen. "A new World" wirkt, als wenn man aus einem guten Bioapfel einen roten Paradiesapfel (die vom Weihnachtsmarkt) macht: Man schmeckt nur noch Zucker und Farbstoff.

Meine Hoffnung ist nach diesem Film nicht der Weltfrieden, sondern lediglich, dass Terry M. in 10 Jahren noch ein letztes, spätes Meisterwerk erschafft.

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Titel

Orignaltitel

The New World

Credits

Regisseur

Terrence Malick

Schauspieler

Christian Bale

Colin Farrell

QOrianka Kilcher

Christopher Plummer

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2005

Dauer

136 min.