Wettbewerb: „L’Ivresse Du Pouvoir“ (Geheime Staatsaffären) von Claude Chabrol

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Sie ist natürlich toll: Isabelle Huppert als kaltschnäuzige Staatsanwältin, die die korrupten, verweichlichten Männerbünde das Fürchten lehrt, welche sich auf Kosten des französischen Steuerzahlers bereichern. Aber so nach einer dreiviertel Stunde wird man ihrer überdrüssig, weil sie nur das ist, Anwältin, die sich in die Staatsaffäre verbissen hat und darüber auch ihre Ehe scheitern lässt. Weil ihr Mann mit der starken Frau nicht klarkommt, weil eigentlich kein Mann mit ihr klar kommt, am wenigsten die Mächtigen. Sie haben Angst. Gut, das ist der Einbruch der Frauen in den Herrenclub - und weiter? Das Problem ist: Sobald man der Hauptfigur überdrüssig ist, wird auch der Film nur noch lang, sehr lang, weil soooo viel geredet wird und so viele Namen und Leute auftauchen, die irgendwie verwickelt sind. Alles feingewandete Herren, viele Verhöre, ein paar entspannte Gespräche unter Frauen, eine sprachlose Ehe.

Daraus besteht der Film über eine tatsächliche Staatsaffäre (Elf Aquitaine), die vielleicht in Frankreich viel Staub aufgewirbelt hat, weshalb der französische Zuschauer die einzelnen Charaktere wohl den tatsächlichen Personen zuordnen kann. Ich kann das nicht. Mir sind die Figuren deshalb ziemlich egal. Das ist ein Film und hier werden die Figuren höchstens angedeutet, bleiben facettenlos oder Klischees (die ewig Zigarre rauchenden Eminenzen im Hintergrund, der nette Neffe, die verbündete „Sista’“ von Madame im Amt). Die Hintergründe, die Gründe und Abgründe der Charaktere werden nicht oder unspannend beschrieben. Stattdessen steigen wir ein mit dem ersten Verhör, Madame Jeanne Charmant-Killman (der Name ist natürlich programmatisch!) ermittelt, ermittelt, ermittelt und dann ist Schluss.

Ein stinknormaler Schmiergeldskandal – in diesem Fall in der französischen Variante mit Mätressen, gutem Essen und teurem Wein, mit Herrenclub und gut versorgten Ehefrauen in tollen Häusern. Nichts, worüber man noch einen Film machen muss. Vor allem dann nicht, wenn am Ende die Härte der gestressten Staatsanwältin, die allen „an die Eier will“ als moralisch fragwürdig dargestellt wird, indem angedeutet wird, sie stehe ihren armen, überforderten Mann nicht mehr zur Seite, ja könne nichts mehr empfinden, weil sie nur noch gewinnen will. Ein bisschen billig das alles. Nä, der war nix.

Kommentare ( 2 )

Mir hat der Film eigentlich ganz gut gefallen, d.h. wenn ich an die letzten Chabrol Filme denke, war der hier geradezu spannend, mit gutem Wortwitz, und es ist einiges passiert.
Aber tatsächlich plätschert es gemächlich vor sich hin, nachdem die erste spannende Hälfte überwunden ist. Chabrol hätte Soziologieprofessor mit Schwerpunkt Film werden sollen. Ausserdem finde ich es immer wieder irritierend, die gesamte Sippschaft im Abspann zu lesen. Man bleibt jedes Mal sitzen, weil das Ende überraschend kommt, als hätte er an irgendeinem Punkt keine Lust mehr gehabt, die einzelnen Geschichtsstränge zusammenzuführen. Ist ja toll, wenn die Zuschauer selbst interpretieren, was er nun damit gemeint haben könnte.
Ohne Isabelle Huppert hätte ich den Film jedenfalls nicht ertragen.

Der Film hat mich fasziniert, weil eigentlich alle Antagonisten "ihr Fett wegbekommen", die Staatsanwältin, d.h. auch die Rechtsprechung, die gegen die "Maffia" letztlich aufgibt und die Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft. Bis zum Schluss ist der Film spannend und ich musste immer an die Worte Chabrols denken, der auf die Frage, warum er immer so grausame Charaktere in seinen Filmen zeige, antwortete: Wenn Sie dann das Kino verlassen, sind Sie glücklich, dass ihre Wirklichkeit viel schöner ist...
Ich finde, dass der Film sehr gut ist,und wir werden ihn in unserer KINOWERKSTATT zeigen im Original mit UT

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Titel

Orignaltitel

Livresse du pouvoir

Deutscher Titel

Geheime Staatsaffären

Englischer Titel

Comedy Of Power

Credits

Regisseur

Claude Chabrol

Schauspieler

François Berléand

Patrick Bruel

Thomas Chabrol

Isabelle Huppert

Yves Verhoeven

Land

Flagge DeutschlandDeutschland

Flagge FrankreichFrankreich

Jahr

2005

Dauer

110 min.

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