Panorama: "Nachbeben" von Stina Werenfels

nachbeben.jpg

Nacheben spielt an der "Goldküste" Zürichs, die deswegen so heißt, weil dort die Sonne den ganzen Tag scheint und die Villen so ab 5 Millionen Franken aufwärts kosten. In solch einer Villa treffen sich zwei Paare und ein Arbeitskollege der Herren zum sommerlichen Grillfest. Die Männer sind Investmentbanker, die Frauen vor allem teuer gekleidet und goldbehängt. Alle wirken dennoch seltsam locker, gar nicht steif vor Reichtum. Perfektes Setting, perfekte Möbel, HP (Michael Neuenschwander) hat gerade noch für seine Frau 1600 Franken Kunstbücher gekauft, die dann auf dem Tisch verteilt werden. Aber etwas stimmt nicht...

HP schluckt zittrig irgendwelche Tabletten, seine Frau Karin (Susanne-Marie Wrage) knallt sich schon mittags ihr Weinchen rein, der verfettete Sohn der beiden spricht kaum, aber spannt mit seiner Videokamera beim Au-Pair Mädchen Birthe, die sich selig über einen Knutschfleck am Bauch reibt. Die Gespräche sind oberlächlich aber immer schulterklopfend, bestehen aus Managementfloskeln (bei den Männern) sowie Schwangerschaft und Geld (bei den Frauen). So fängt der Abend an, dann gehen einige Sachen schief.
Am Ende es Abends ist HP arbeitslos, versucht sich umzubringen, der vermeintliche Praktikant baggert erst HPs Frau an und stellt sich dann als sein Nachfolger in der Firma heraus, der Sohn lernt viel über die Drogen und Lügen seiner Eltern. Nachdem drei der Beteiligten versucht haben, Au-Pair Birthe mit Geld das Maul zu stopfen damit sie ihre Affäre mit HPs Chef für sich behält, weiß Birthe mehr darüber, wie kaputt gerade die Leute sind, die sich so locker in ihrem Reichtum geben. Na und dann kommen wohl bald die ersten Besichtigungen für die schöne Villa, denn die nette Familie steckt bis zum Hals in Schulden.

Tolle Szenerie und Schauspieler, alles spielt nur in Haus und Garten und gewinnt mit jeder Minute an Fahrt. Die Verbitterung, Agressivität und eiskalten Methoden, mit denen Frauen wie Männer versuchen, den Status Quo und ihr Gesicht in all den Lügen und Geheimnissen zu wahren, finde ich sehr gelungen.
Vorwerfen könnte man der Regisseurin höchstens, dass die Doppelmoral und Verlogenheit der Upper Class, egal wie jovial sie sich gibt, im Kino oder der Litaratur kein ganz neues Thema ist und sie dem auch nichts Neues hinzufügen kann. Aber es macht trotzdem Freude, perfekte Fassaden beim Zerfall zuzusehen.

Kommentiere den Film oder den Eintrag

Titel

Orignaltitel

Nachbeben

Englischer Titel

Going Private

Credits

Regisseur

Stina Werenfels

Schauspieler

Olivia A. Frolich

Michael Neuenschwander

Georg Scharegg

Bettina Stucky

Susanne-Marie Wrage

Land

Flagge SchweizSchweiz

Jahr

2006

Dauer

96 min.

Related

Susanne-Marie Wrage (Schauspieler)

BERLINALE 2006

Der Kick (Schauspieler)

BERLINALE 2007

Autopiloten (Schauspieler)

Impressum