Panorama: Leonhard Cohen - I'm your Man von Lian Lunson

In seiner Begrüßung vor dem Film bezeichnete Wim Wenders das Projekt, eine Doku über Leonard Cohen zu drehen, als „toughest assignment in Rock n Roll“. Seiner Kollegin Lian Lunson, die sich an das Wagnis machte, hat eine Mischung aus Konzertfilm – Ausschnitte eines Cohen-Tribute Concert aus Sydney 2005 – und Interviews mit Kanadas Songwriter No 1 und anderen Musikern gedreht. Die Gespräche mit Cohen sind originell und machen neugierig auf mehr, was man von einigen Coverversionen und insbesondere Bono-Monologen nicht behaupten kann. Trotzdem sehenswert, weil das Charisma vom Leonard Cohen die Schwächen wettmacht. Hört Euch seine Musik an (and listen to the words).

„He is famous, his heart is a legend.“
Es ist seine Stimme, genauer gesagt seine Sprechstimme. Keine Ahnung wo Leonard Cohen die herholt. Der Mann könnte wahrscheinlich auch die Beförderungsbestimmungen der BVG vorlesen und man würde ihm begeistert zuhören. Er ist entspannt, souverän und witzig-ironisch, wenn es darum geht den eigenen Legendenstatus zu kommentieren. „There is nothing you can really invest in the realm of how important or significant you are.” In einer der schönsten Szenen liest er ein Vorwort vor, das er selbst für die chinesische Übersetzung seines zweiten Romans „Beautiful Losers“ geschrieben hat, die jetzt 40 Jahre nach der Veröffentlichung des Originals erscheint. Er schreibt: „This book is very difficult, if you take it seriously.“ Dabei ist Cohen einer der wenigen Songwriter, den man als Poet bezeichnen kann, ohne sich lächerlich zu machen – immerhin hatte er schon vier Gedichtbände und zwei Romane geschrieben, bevor er seine erste Platte machte.

Diesem Charisma und dieser Gelassenheit kommt die Technik der Filmerin sehr entgegen. Lian Lunson sagte nach dem Film, dass sie Cohen oft besucht hat: „He is a great cook.“ Die Kamera hatte Sie Kamera zunächst nie mitgebracht. Später entschied sie sich für das Videoformat, damit Sie ohne Crew arbeiten konnte. So kann sie dem Protagonisten im Film auf der persönlichen Ebene begegnen. Diese Gespräche sind die besten Passagen des Films, die durch Super-8-Sequenzen aus Cohens Familienarchiv noch ergänzt werden. Er erzählt über Musik, Frauen, Gott, Zen und das was den Künstler in jungen und alten Jahren so umtreibt. Dazu montiert Lunson immer wieder Aufnahmen von Cohens eigenen Zeichnungen und Illustrationen.

Eher zwiespältig sind die Aufnahmen aus dem Tribute-Concert in Sydney, die immer wieder eingestreut sind. Erstaunlicherweise scheitert Nick Cave an „I’m your man“ und noch dramatischer an „Susanne“, obwohl es schwer zu sagen ist, woran das liegt. Grandios dagegen drei Cover von Rufus Wainwright „Everybody knows“, „Hallelujah“ und „Chelsea Hotel#2“. Gerade „Hallelujah“ mit der wahnwitzigen Mischung aus Ehrfurcht und Lästerei muss man erstmal singen, ohne sich völlig zum Idioten zu machen:

Now I've heard there was a secret chord
That David played, and it pleased the Lord
But you don't really care for music, do you?

Übertroffen wird er nur von Antony mit „If it be your will“. Wie dieser Mann/diese Frau/wasauchimmer singt ist unglaublich. Schön, wahrhaftig, zu Herzen gehend, Rotzundwasser, Taschentuchalarm.

Insgesamt sind die Konzertausschnitte keineswegs schlecht. Sie unterbrechen nur den Erzählfluss des Films. Denn eigentlich würde der Zuschauer gerne mehr Zeit in Gesellschaft von Leonard Cohen verbringen.

Peinlich sind leider die Gespräche mit The Edge und Bono, die wollen Herrn Cohen unbedingt auf das Podest heben, auf dem der sich selbst nicht sieht. Wen interessiert eigentlich, was diese beiden zum Thema Cohen zu sagen haben. Egal. Zum Schluss spielt die U2-Kapelle als Background-Band für den Mann mit der tiefen Stimme „Tower of Song“. Da können sie wenig falsch machen, er singt sie in Grund und Boden:

I said to Hank Williams: how lonely does it get?
Hank Williams hasn't answered yet
But I hear him coughing all night long
A hundred floors above me
In the Tower of Song

So ist es: Und in diesem Turm der Lieder sitzt Bono im Kohlenkeller.

Many, many thanks to Jarkko Arjatsalo and his fantastic Website www.leonardcohenfiles.com

Kommentare ( 2 )

du alter bonohasser, aber sehr schöner artikel. will ihn gucken. "taschentuchalarm", das ist genau mein ding ...

Ja, gut Alter! Schöne Kritik, jetzt will ich da auch rein (Mist, wollte langsam Schlus machen).
Antony a.t.j. ist ziemlich unglaublich, da wirkt so ein armer Clown wie Bono noch plumper...

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Titel

Orignaltitel

Leonard Cohen I'm Your Man

Credits

Regisseur

Lian Lunson

Schauspieler

Antony

Nick Cave

Leonard Cohen

U2

Martha Wainwright

Rufus Wainwright

Land

Flagge Vereinigte StaatenVereinigte Staaten

Jahr

2005

Dauer

105 min.

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