Die Liste - Teil eins

Popjournalisten müssen Listen schreiben. Das habe ich mal irgend wo gehört. Kann aber auch schon ein paar Jahre her sein. Egal. Hier ist meine. Die persönlichen Tops (+) und Flopps (-) der Berlinale. Nichtfachlich, völlig koffeinabhängig und parteiisch.

- man kann es nicht oft genug sagen: die Berlinale Taschen stinken. Das meine ich jetzt nicht jugendsprachemäßig sondern wörtlich. Das gleiche lässt sich für die Plastikbänder sagen, an denen die Akkreditierungen baumeln. Also: entweder die Hundemarke in die Hosentasche stecken oder durch ein geruchsneutrales Band ersetzen.

+ Prinzen aus dem mittleren Osten, die einem auf dem Postdamer Platz einfach so über den Weg laufen, obwohl man mit eigenen Augen gesehen hat, wie sie am Tag zuvor in die Luft gesprengt wurden.

+ und - Untertitel von koreanischen Filmen, die für volle zehn Minuten von einer weißen Tischdecke geschluckt werden. Einserseits ärgerlich, andererseits fördert das die Fantasie und wir üben uns zugleich als Drehbuchautoren.

- der große Typ mit dem Lockenkopf, der sich immer kurz vor Filmbeginn direkt vor mich setzt.

+ der argentische Schauspieler Daniel Hendler, wenn er einem auf dem Potsdamer Platz über den Weg läuft, und in Wirklichkeit viiiiel kleiner ist, als er in „Derecho de familia“, dafür aber doppelt soviel plappert.

- ich nenne sie die lustige Italienerbande. In den Vorstellungen sitzen sie immer im Rudel immer am selben Ort im Saal und diskutieren - glücklicherweise vor Filmbeginn - gestenreich über die großen und kleinen Wunder des Festivals. Zum Beispiel über das Paradox, dass es Filme gibt, die sowohl "in concorso" als auch "fuori concorso" sind - also im Wettbewerb laufen, aber außer Konkurrenz. Ja, o.k., auf deutsch ist das nicht so witzig. Ja, und tatsächlich haben erstaunlich viele von ihnen einen Bart. Von den Männern, meine ich.

+ alter Klassiker: man kommt aus der Vorführung von Snow Cake und es schneit zum ersten Mal an diesem Tag. Funktioniert und erwischt einen immer wieder.

- sich nach drei Stunden Schlaf heldenhaft aus dem Bett geschleppt zu haben, nur um für die nächsten drei Stunden in einem schlecht gemachten Film einem keuchenden Vergewaltiger zuzusehen. Falls man es geschafft hat, zwischendrin glücklich einzuschlafen, wird man in der letzten Szene von der gellend kreischenden Hauptdarstellerin unsanft geweckt.

+ die besten weil lächerlichsten Handy-Klingeltöne: Im Film hat ihn Ho-jun (Host & Guest, Forum), im wirklichen Leben der Typ neben mir im Schreibzimmer (das Teil macht tatsächlich Kikerikiie).

- So genannte Journalistinnen, die in der Pressekonferenz wahlweise ihre Fragen an George Clooney mit "I don’t know if you remember me. We met five years ago in..." einleiten, oder ihm gleich eine Flasche Campari mitbringen.

+ Colin Farrells Augen in The New World.

+ der glasige Blick der Journalisten spätestens am vierten Festivaltag.

Kommentare ( 1 )

doppel-: der kollege ohne hotelzimmer oder jedenfalls ohne waschmöglichkeit, der bei Road to Guantanamo für Geruchkino erster Klasse gesorgt hat. Ich kam mir vor wie in dem prall gefüllten Bus, der durch die Wüste Afghanistans rollt.
-dass ich schon drei Mal bei McDoof gegessen habe, liegt so günstig und geht, ja, schnell.
-dass ich Euch alle immer nur in Schlangen, im miefigen Computerraum oder im dunklen Kinosaal kurz sehe, jeder danach schnell auf dem Weg nach irgendwo. Die Berlinale vereinzelt...
und noch ein+: ich hab mich getraut Nick Cave eine Frage zu stellen. Und - das war die eigentliche Überraschung - er hat auch geantwortet.

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