Raindance East 2005
Meisterklasse mit Danny Boyle - Teil 2

Nach der Vorführung von "Come and See" warte ich gespannt auf die Erklärung von Danny Boyle, warum er gerade diesen Film ausgesucht hat. Der Film habe so Boyle großen Einfluss auf ihn gehabt. Die technische Machart, insbesondere die Soundabmischung sei einzigartig. Wie der Junge Florian nach einem Bombenabwurf sein Gehör verliert und sich alles um ihn herum in eine chaotische Soundcollage verwandelt, ist in der Tat ein meisterhaftes Sinnbild für den Schwindel des Krieges. Ich hätte aber auch nichts dagegen gehabt, wenn Danny Boyle einen seiner anderen drei Filme genommen hätte, die er in Erwägung gezogen hat (Buffalo Soldiers, Open Range von Kevin Costner oder The Thing von John Carpenter).
Das Publikum im Saal besteht aus Filmliebhabern und angehenden Filmschaffenden. Bereitwillig beantwortet Danny Boyle ihre Fragen.

Ob er sich während der Dreharbeiten auch ab und zu "absolutely lost" fühle?
"Ja, klar. Jeden Tag. Aber am nächsten Morgen denke ich mir wieder: Du bist ein Genie. Ich glaube in diesem Gleichgewicht muss es sich halten".

Gibt es Trainspotting Teil zwei?
"In der Tat wollen wir eine Fortsetzung von Trainspotting drehen. Es ist doch interessant zu sehen wie sich bei den Hauptcharakteren von Trainspotting ihr Lebensstil auswirkt, wenn sie nicht mehr jung und frisch sind und die 40 erreichen. Leider achten die Schauspieler aus Trainspotting zu gut auf ihr Äusseres. Sie sehen noch genau so aus wie früher. Also müssen wir noch zehn Jahre warten."

Seine Haltung zu Adaptionen?
"Wir haben eine gute Adaption gemacht, Trainspotting, und eine weniger gute, The Beach. Ich glaube Trainspotting war deshalb besser, weil wir das Buch von Irvine Welsh so nicht verfilmen konnten und es komplett umgearbeitet haben."

Bleibt Danny Boyle Grossbritanien erhalten?
"Ich liebe Britain. Ich muss zwar ab und zu geschäftlich nach L.A., aber ich hasse L.A. Ich könnte da nie leben. Ich vermisse die Jahreszeiten. In L.A. ist jeder Tag gleich. Jeder Tag ist wie eine Photokopie von gestern. Wenn man wirklich ganz große Projekte machen will, dann muss man in L.A. wohnen. Doch das ist eh nichts für mich, das habe ich bei The beach gemerkt. Ich fühle mich wohler 'below the radar'."

Wie steht es mit der britischen Filmindustrie?
"Es ist zur Zeit sehr schwierig. Das meiste Geld kommt heute aus den USA. Wenn wir hier die Gehälter in britischen Pfund auszahlen, dann verlieren wir viel durch den ungünstigen Umtauschkurs vom Dollar in den Pfund. Wir weichen daher oft aus z.B. in die Peter Jackson Studios nach Australien, des Umtauschkurses wegen. Viele Projekte werden daher abgesagt ... und es gibt Gerüchte. Es gibt Gerüchte das wir die Harry Potter Filme verlieren und das auch die nächsten Bond Filme nicht mehr in UK gedreht werden. Das wäre ein harter Schlag für die britische Filmindustrie."

Danny Boyle ist ein guter Plauderer. Mindestens genauso gut ist der Moderator, Jason Solomons. Man wünschte sich der Filmkritiker würde für einige deutsche Filmfestivals Moderationskurse geben.

Kommentare ( 2 )

Endlich wieder Leben auf der Seite! Der Autor von Trainspotting: Irvine Welsh. Vielleicht hab ich Zeit in I. mehr zu lesen.. gruß chr

Thanks mate!

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