Wettbewerb: "Sophie Scholl - Die letzten Tage" von Marc Rothemund

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Gewissen besiegt das Recht

Deutschland 2004, 117 Minuten, *Regie: Marc Rothemund; *Buch: Fred Breinersdorfer, *Kamera: Martin Langer, *Musik: Johnny Klimek, Reinhold Heil; *Produzenten: Christoph Müller, Sven Burgmeister, Fred Breinersdorfer, Marc Rothemund; *Darsteller: Julia Jentsch, Fabian Hinrichs, Alexander Held, Andre Hennecke u.a.

Wettbewerb: Sophie Scholl Die letzten Tage von Marc Rothemund

Deutschland 2004, 117 Minuten, Regie: Marc Rothemund; Buch: Fred Breinersdorfer, Kamera: Martin Langer, Musik: Johnny Klimek, Reinhold Heil; Produzenten: Christoph Müller, Sven Burgmeister, Fred Breinersdorfer, Marc Rothemund; Darsteller: Julia Jentsch, Fabian Hinrichs, Alexander Held, Andre Hennecke u.a.

Der Film ist fast als Kammerspiel inszeniert. Nach der Verhaftung von Sophie und Hans Scholl spielt der Großteil des Films im Verhörraum und in der Gefängniszelle. Gegen Ende noch einmal kurz im Gerichtssaal und dann werden sie auch schon auf der Guillotine geköpft. Die Geschichte ist bekannt und braucht hier nicht nacherzählt werden. Was diesen neuen Film von der ersten Verfilmung in den 80er Jahren unterscheidet, ist die Fokussierung auf die Figur der Sophie und die bei ihrem Verhör angefertigten Protokolle sowie die Betonung des christlichen Hintergrunds des Geschwisterpaares, auf der offenbar nicht nur ihre moralische Selbstsicherheit beruhte, sondern auch ihre Bereitschaft, eine Art Märtyrertod zu sterben.
Julia Jentsch als Sophie Scholl und Alexander Held als Gestapo Kommissar Robert Mohr tragen den Film mit ihrer beeindruckenden Leistung. Die interessanteste Figur ist dabei der Gestapo Verhörchef Mohr, weil er als kleiner Dorfpolizist es unter den Nazis zu etwas gebracht hat, ein Freund von Ordnung ist und sich bei allen Fragen von Gewissen und Moral auf eine positivistische Rechtsauffassung zurückzieht: Alles, was von den Staatsorganen zu Recht erklärt wird, ist Recht & Gesetz. Moralische Kriterien darf es nicht geben. Mit der Zeit beeindruckt ihn aber Sophie Scholls Standhaftigkeit und Selbstsicherheit. Ihr Idealismus auf den Nationalsozialismus angewendet, wäre genau was Deutschland braucht, meint er. In einer Pontius Pilatus mäßigen Szene wäscht er sich ausgiebig die Hände, nach dem Sophie Scholl ihr Geständnis unterschrieben hat. Die einzige abgeschmackte Szene in dem Film.
Ansonsten vermeidet der Film billige Nazi-Clichees von martialischen Gestapooffizieren, fanatischen Parteigenossen in schwarzen Ledermänteln etc. Es gibt keine „folkloristische“ Naziszenen mit Fackelzügen und begeisterten Massen oder die sonst üblichen Szenen von Gewalt und Unterdrückung auf der Straße, die es dem heutigen Betrachter leicht machen zu sagen: Ach das waren schlimme Zeiten damals.
Ich fand die Bilder im Gegenteil sehr modern und gegenwärtig, die Kostüme wie z.B. die rote Strickjacke und Kleid von Sophie Scholl könnte man am Prenzlauer Berg ohne aufzufallen auch heute tragen (wohingegen man wohl nach einer vergleichbaren inneren Haltung am P-berg lange suchen müßte).
Beeindruckend fand ich die Darstellung wie der Nazi-Apparat die Scholls durch sein Mahlwerk dreht. Hausmeister ergreift sie, Gestapo verhaftet sie, Universitätsführung ist über die Studenten zackig empört, Kommissar verhört gründlich und sammelt wie im „Tatort“ Beweise, zwei Tage später Polizei transportiert sie zum Gericht, Urteil, wenige Stunden darauf Hinrichtung. Jedes Rädchen greift gut geölt ineinander und alle befolgen nur, was nach dem „Gesetz“ ihre Aufgabe ist. Eins der Flugblätter der Weißen Rose wird später von den Engländern über Deutschland abgeworfen. Als „Erklärung der Münchner Studenten“. Leider ein verfehlter Titel, wenn man die zwei Dutzend Menschen betrachtet, die den Mut hatten, sich gegen das Regime zu stellen.

Ein guter Film mit ebenso guten Darstellern (auch wenn ein Kritiker es als „politisch korrektes Studententheater“ verhöhnte) aber meiner Ansicht nach mit wenig Chancen auf den goldenen Bären, weil nicht wie im letzten Jahr wieder eine deutscher Film die Berlinale gewinnen kann. Doch Julia Jentsch als beste Darstellerin, das wäre durchaus möglich. Verdient hätte sie es!

Kommentare ( 1 )

Hmmm.

Soll man reingehen meinste?
War bishersehr skeptisch.

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