Forum: Mahiru no hoshizora (Starlit High Noon) von Nakagawa Yosuke

Japan 2005 * Regie/Buch: Nakagawa Yosuke Darsteller: Suzuki Kyoka, Wang Leehom, Kashii Yu Musik: Sawada Joji

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Dieser Film ist nicht empfehlenswert, wenn man mit leerem Magen hingeht. Und tatsächlich geben die Produzenten zu, ja! wir hatten eigens dafür Food Production. Und einen Superkoch-Double. Denn der Hauptdarsteller Wang Leehom kann besser Musik machen als kochen: er ist im wahren Leben ein großer Popstar und Teenieschwarm in Ostasien. Seine Figur Lian Song ist ein Auftragskiller, der in Taipei „arbeitet“ und in Naha, Okinawa, der Muße nachgeht: kochen, schwimmen und Modellflugzeuge bauen. In diesem Refugium begegnet er Yukiko bei seinem wöchentlichen Besuch im Waschsalon und überwindet sich nach langem Beobachten, sie anzusprechen. Er lädt sie zum Essen ein, dem sie schließlich nach langem Zögern nachgibt. Doch soll er zurück nach Taipei. Man will ihn an das verfeindete Triadenlager zum Zeichen der Wiedergutmachung opfern, da Lian den gegnerischen Boss im Auftrag umgebracht hatte. Lian schreibt einen Brief an Yukiko, sie solle sich entscheiden: zum Flughafen kommen, dann würde er in Naha bleiben, oder er würde für immer nach Taipei gehen. Diesen Brief vertraut er der jungen Frau an, an die er täglich im Schwimmbad vorbeigeht – sie ist dort eine Angestellte, die ihn heimlich von ferne bewundert. Eifersüchtig schmeißt sie den Brief weg.

Im Film fällt entgegen unseren Erwartungen kein einziger Schuss. Er ist ruhig und voller Bilder der üppigen subtropischen Landschaft Okinawas. Samtige Brisen, warmes Sonnenlicht, leises Klingeln von Windspielen und das Meer, kein Wunder, dass Protagonist Lian sich hier in seinem Gaijin-Haus wohlfühlt (hier sind US Militärbasen und extra für sie errichtete Häuser). Er wirkt naiv und jungenhaft, fast tollpatschig, verliehen durch seine für asiatische Verhältnisse große Statur, und ist ein Träumer. Er will einmal in der Mittagssonne die Sterne sehen. Denn man erzählt sich, auf dem Himalaya wäre dies möglich. Gleichzeitig schwimmt er wie ein Berufssportler, geht geschmeidig gefährlichen Situationen aus dem Weg. Suzuki Kyokas Rolle spricht wenig. Ihre Mimik ist subtil, die Figur ist verhalten, und trotzdem erkennen wir die tiefe Trauer in einem einzigen Blick. Wir sehen eine leise Andeutung von Skepsis in ihrem Gesicht, als sie das taiwanesische Essen probieren soll, und den plötzlichen Umschwung in ein erstaunt begeistertes Aufleuchten. Sie ist im Gegensatz zu Wang Leehom eine ausgebildete Schauspielerin, die wir aus Radio no jikan kennen und in Blood and Bones mit Beat Takeshi sehen werden.

Der Regisseur nimmt sich viel Zeit, diese Geschichte zu erzählen. Sehnsüchtige Landschaftsbilder und unterschwellig erotische Essensszenen, bloß nichts überstürzen oder offen ansprechen. Kleine Gesten entscheiden. Ich muss die fantastische Musik von Joji Sawada erwähnen, endlich wieder Filmmusik: mit richtigen Instrumenten und richtiger Komposition. Gezielt eingesetzt, ohne zu sehr von der Handlung abzulenken.

Ein großer Wermutstropfen bleibt, denn wie soll dieser Film synchronisiert werden? Mir wurde erst bei einer Publikumsfrage bewusst, dass kaum ein Zuschauer merken konnte, wie Lian seine Monologe auf Mandarin führt und mit Bravour ins Japanische wechselt, wenn er sich mit Yukiko unterhält. In dem Film ist es völlig normal zwischen den Sprachen zu wechseln (und sie sind sich in keinster Weise ähnlich, auch nicht untereinander mit kantonesisch oder koreanisch). Es zeigt eine Form von „inter-connectedness“ in Ost- und Südostasien und erzeugt eine ganz eigene Atmosphäre, die mittlerweile in mehreren Filmen vorkommt – Fulltime Killer auf japanisch, kantonesisch, mandarin und etwas englisch, Comrades - Almost a Love Story auf kantonesisch, mandarin und englisch usw.

Nun denn, wem asiatische Sprachübungen zu umständlich sind, der soll sich einfach nur auf die schönen Bilder konzentrieren und sich den Duft vom Essen vorstellen.

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